20. September 2017

11. Kolloquium „Innere Führung – Konfession oder Profession?“

Innere Führung, zumindest ehemaligen Soldatinnen und Soldaten fällt da sofort das Leitbild des Staatsbürgers in Uniform ein. Es geht um das Selbstverständnis von Soldatinnen und Soldaten, um militärisches Führen und um militärisches Geführt werden.

Nach einigen Negativschlagzeilen in jüngerer Vergangenheit blies dem Konzept der Inneren Führung ein eisiger Gegenwind entgegen. Unrühmlicher Höhepunkt war die scharfe öffentliche Kritik der Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt im Frieden, die die Grundsätze der Inneren Führung und damit der militärischen Führung erschütterte. Nach einigen Turbulenzen kann mittlerweile der Eindruck gewonnen werden, dass die Innere Führung wieder ordentlich Rückenwind hat.

Freundlicherweise war der VBB auch zum elften Kolloquium am Zentrum Innere Führung eingeladen und konnte dort eine militärisch sehr hochkarätig besetzte Veranstaltung verfolgen. Die Sichtweisen eines erfahrenen Abgeordneten des Deutschen Bundestages bekamen ebenso Raum wie die kritischen Anmerkungen eines kundigen Bloggers. Dass die Attraktivität des ZInFü ungebrochen ist, zeigte die Anwesenheit des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, dessen Ausführungen das Kolloquium bereicherten. Den Veranstaltern ist damit erfolgreich gelungen, möglichen zweckoptimistischen Lobhudeleien der Inneren Führung aus dem Weg zu gehen, dafür aber ein breites Spektrum an Fakten und Standpunkten zu erörtern. Damit war ein attraktiver Spannungsbogen für alle Zuhörerinnen und Zuhörer garantiert.

Die inhaltliche Annäherung an die Innere Führung ist nämlich gar nicht so einfach. Einfache Definitionen sucht man vergeblich. Wie der Wehrbeauftragte ausführte, stand am Anfang der Bundeswehr ein anspruchsvolles Leitbild, mühsam erschaffen von ehemaligen Wehrmachtsoffizieren für ehemalige Wehrmachtssoldaten. Es galt, den Staatsbürger in Uniform zu definieren und die Bundeswehr eindeutig von der Wehrmacht zu differenzieren. Unsere Bundeswehr ist ohne Innere Führung nicht vorstellbar!

Quasi als ethisch-moralische Essenz der Bundeswehr wurde die Innere Führung weiterentwickelt und wohlmeinend gepflegt. Leitbilder müssen aber täglich vorgelebt werden und individuell erstrebenswert sein, wenn sie attraktiv bleiben sollen. Zunehmend verwissenschaftlicht und teilweise geradezu mythologisiert, erweckte das Konzept der Inneren Führung in jüngerer Zeit manchmal den Anschein zu abgehoben zu sein, die eigentliche Zielgruppe nicht mehr erreichen zu können. Die alltägliche, überbordende Bürokratie schadete ebenfalls, denn gute Führung braucht Zeit! Also doch mehr Konfession als Profession, zu viel Bekenntnis, zu wenig Beruf?

Das Konzept der Inneren Führung ist zeitlos. Dieser Kernaussage auf dem Kolloquium kann man getrost zustimmen. Jedoch, Konzepte allein sind wertlos, werden diese nicht umgesetzt. Das Kolloquium hat in dieser Hinsicht klare Signale vermittelt. Die erkannten Mängel werden abgestellt, die Innere Führung wieder professioneller in die Tiefe der Streitkräfte vermittelt. Innere Führung muss von ganz (!) oben nach ganz (!) unten gehen, und wieder zurück. Ein Kreisprozess, der für Impulse von außen offen ist. Als zivile Angehörige der Bundeswehr sollten wir diesem Prozess nicht mit freundlichem Desinteresse begegnen, wie es die Mehrheit der Bevölkerung macht. Es geht schließlich um unsere Bundeswehr und um unsere Soldatinnen und Soldaten.