25. Januar 2019

Das logistische System und die Beschaffung im Aufschwung

Ohne leistungsfähige Logistik geht heutzutage nichts mehr in unserer Wirtschaft. Die vitale Logistikbranche zeigt, was möglich ist und wie man viel Geld verdient. Die einst stolze Logistik der Bundeswehr erschien demgegenüber nur noch wie ein geschundener Problemfall, der die besten Zeiten lange hinter sich hat und Geld verbrät.

Ein falsches Bild, denn emsiges Personal hat die renovierungsbedürftige Bw-Logistik ordentlich am Leben gehalten. Dennoch, das Personal hatte es nicht leicht. Viele der ortsfesten logistischen Einrichtungen wurden geräumt und das erfahrene Personal war überflüssig. In strukturschwachen Regionen ist das ein hartes Los, trotzdem wurde eisern eingespart. Die Zielstruktur der ortsfesten logistischen Einrichtungen, landläufig Materiallager, Depots, Munitionslager etc. genannt, war militärisch stringent einzunehmen. Kurzfristige Einsparungen müssen allerdings mit dem Verlust von Flexibilität und Wachstumsmöglichkeiten bezahlt werden, denn eines darf man heutzutage nicht vergessen: Was einmal weg ist, bleibt weg. Abgegebene ehemals militärisch genutzte Liegenschaften oder Einrichtungen sind praktisch für immer verloren. Wer will schon ein Munitionsdepot oder ein militärisches Gefahrstofflager in seiner Nähe haben?

Konsequente Auftragsverfolgung oder unflexibles Festhalten an überholten Ideen, diese alternative Betrachtung rückte zunehmend in den Fokus. Scheinbar haben die Verantwortlichen der Bundeswehrlogistik erst relativ spät erkannt, welche positive Auswirkungen die Trendwende Material für die Logistik und die Beschaffungsorganisation hat.

Beschaffung braucht Lagereinrichtungen oder Direktbelieferung

Mit großem Aufwand hat das BAAINBw die verfügbaren Haushaltsmittel hervorragend zum Abfluss gebracht. Von wegen, die können das Geld nicht ausgeben! Im Haushaltsjahr 2018 sind beim Haushaltssoll von 38,5 Milliarden Euro sämtliche zugeteilte Mittel abgeflossen. Mit Sicherheit wird das so weiter gehen, wenn dem die Task Force Beschaffungsorganisation (BeschO) nicht einen Strich durch die Rechnung macht. Das heftig zulaufende Material muss natürlich logistisch aufgenommen werden, wozu man geeignete ortsfeste logistische Einrichtungen braucht, denn die Direktbelieferung ist nicht immer vorteilhaft. Die ausgedünnte logistische Infrastruktur und das verbliebene logistische Personal stellten sich bald als überlasteter Engpass dar, was erhebliche negative Auswirkungen auf die Beschaffung haben kann. Irgendjemand muss das gelieferte Material schließlich vereinnahmen, die vielbeschworene Supply Chain muss funktionieren. Kurz und knapp: Wer einsatzfähige Streitkräfte haben will, muss bedarfsgerecht bevorraten und als logistischer Dienstleister performen. Die Verlagerung des Risikos in die Beschaffung ist eben keine Dienstleistung, alle Glieder der logistischen Kette müssen zusammenhalten. Aber es gibt auch hier Positives zu vermelden!

Mehr Platz für mehr Bundeswehr

Das ist die Überschrift auf www.bmvg.de zur Entscheidung der Verteidigungsministerin, acht geschlossene oder zur Schließung vorgesehene Munitions- und Materiallager der Bundeswehr wieder schrittweise in Betrieb zu nehmen. Es ist die Rede von einem Aufwuchs um rund 600 Dienstposten und Investitionen von geschätzt 200 Millionen Euro. Weitere Details kann man dem dort beigefügten Tagesbefehl des Generalinspekteurs der Bundeswehr vom 15. Januar 2019 entnehmen. Dieser Tagesbefehl hat eine beachtliche Leserreichweite. „Wir sind begeistert“ sagt der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Garnisonsstädte im Hinblick auf Arbeitsplätze und Investitionen. Alles andere als begeistert ist das Netzwerk Friedenskooperative, was wenig überrascht.

Ortsfeste logistische Einrichtungen: Aufwendiger Abbau, langwieriger Aufbau

Der erfreuliche Tagesbefehl ist zuvorderst ein Versprechen in die Zukunft, denn hier wird ein sehr langer Umsetzungszeitraum bis 2031 betrachtet, mit Schwerpunkt um2022. Leider ist das kein Trost für das zuvor „abgebaute“ Personal, zumal hier von Planungen die Rede ist. Bis zur Wiederinbetriebnahme müssen nun die veralteten Lager infrastrukturell auf aktuellen Stand gebracht werden. Diese sehr aufwändigen, hohe Fachkenntnis erfordernden Aufgaben stehen damit in direkter Konkurrenz zu anderen hoch priorisierten Maßnahmen, zumal der Bund nicht selbst baut. Es ist darüber hinaus Vorsorge zu treffen, dass Material- wie Datenströme nach dem Stand der Technik bedarfsgerecht gehandhabt werden können. Qualifiziertes Fachpersonal muss für die Standorte gefunden und zielgerichtet fortgebildet werden, damit die Planungen mit Leben gefüllt werden. Der vordergründig militärische Tagesbefehl hat damit weitreichende und langwierige Auswirkungen auf die zivile Bundeswehrverwaltung. Er zeigt aber auch, dass die (von oben verordnete) Selbstbeschäftigung von Organisationen deren Dienstleistungscharakter entscheidend und nachhaltig schwächt. Nun kommt es darauf an, in der Beschaffungsorganisation wie im logistischen System den Aufschwung zu stabilisieren. Die Lager sind zu füllen und sie werden schon gefüllt! Das Personal wird sich, wie vom Generalinspekteur erbeten, besonders dann engagieren und den Auftrag tatkräftig unterstützen, wenn es sachgerecht informiert und ernst genommen wird.

Wie hilfreich ist dabei eine Task Force BeschO mit deren Ideen zur radikalen Änderung der Aufbauorganisation?