10. Juni 2020

Leben in der Lage in Zeiten von Covid-19 – wie der Lockdown die Lehre am Fachbereich Bundeswehrverwaltung verändert. Eine Zwischenbilanz von Direktorin Sylvia Jahnz*

Was die Schutzmaßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus bedeuten, hat in den vergangenen Monaten jeder von uns am eigenen Leib und in der eigenen Familie erlebt. Aber was bedeutet es für eine Hochschule, die den Präsenzvorlesungsbetrieb quasi „über Nacht“ einstellen muss, mitten in der Laufbahnprüfung steckt und weiterhin ihren Auftrag, Nachwuchskräfte für den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst in der Bundes-wehrverwaltung auszubilden, erfüllen muss?

Wir schreiben den 1. März 2020. Das Robert-Koch-Institut (RKI) bewertet das Risiko der COVID-19 Pandemie als gering bis mäßig, doch die Zahlen steigen stetig. Morgen beginnt die schriftliche Laufbahnprüfung des 76. H III. Wir haben alle ein mulmiges Gefühl.

10. März 2020: Die letzte Prüfungsklausur ist geschrieben. Ab 16. März 2020 soll die Korrekturphase beginnen. Die Infektionszahlen steigen beängstigend. Bund und Länder beschließen weitreichende Einschränkungen im öffentlichen Leben, Geschäfte, Schulen und Kindergärten schließen in Deutschland, um die Ausbreitung des Corona-Virus einzudämmen.

Auch der Fachbereich Bundeswehrverwaltung muss nun handeln. Die erste Entscheidung fällt schnell: der Präsenzvorlesungsbetrieb wird bis auf weiteres eingestellt. Wie soll es jedoch mit der Laufbahnprüfung des 76. Studiengangs weitergehen? Die Klausuren der schriftlichen Laufbahnprüfung müssen noch korrigiert, die mündliche Laufbahnprüfung muss vorbereitet werden. Wir stehen in ständigem Kontakt mit dem Prüfungsamt beim Bildungszentrum der Bundeswehr (BiZBw) und fragen uns, ob es noch vertretbar ist, die externen Prüferinnen und Prüfer aus dem gesamten Bundesgebiet nach Mannheim anreisen zu lassen. Wir entscheiden uns, „die Sache durchzuziehen“, unter Wahrung größtmöglicher Sicherheitsvorkehrungen für alle Betroffenen. Am 19. März 2020 wird die Korrektur der schriftlichen Laufbahnprüfung erfolgreich abgeschlossen.

17. März 2020: Das RKI stuft das COVID-19 Risiko als hoch ein. Wir läuten am Fachbereich Bundeswehrverwaltung unseren eigenen Lockdown ein. Das Risiko einer Ansteckung wäre für alle Beteiligten zu hoch. Die Präsenzlehre wird bis auf Weiteres ausgesetzt. Die mündliche Laufbahnprüfung wird zunächst auf unbestimmte Zeit verschoben.

Die Studierenden sind erheblich verunsichert. Das Personal am Fachbereich wird auf ein Minimum heruntergefahren. Wir fragen uns, wie lange die Situation wohl andauern wird. Schon bald ist uns klar, dass uns COVID-19 viele Monate begleiten wird und wir handeln müssen. Eine Besprechung jagt die andere. Die am Fachbereich völlig unzureichende Telearbeitplatz- bzw. Home-Office - Ausstattung macht es erforderlich, zunächst einen Großteil der Beschäftigten zurück an den Arbeitsplatz vor Ort zu holen. Für mich ein schwieriger Spagat zwischen Auftragserfüllung und Fürsorge gegenüber meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Das Motto der Stunde: Lernen auf Distanz

Sehr schnell reift in uns der Plan, den weit überwiegenden Teil der Vorlesungen in digitaler Fernlehre durchzuführen, unsere rund 600 Studierenden aus 11 Studiengängen jedoch in kleinen Gruppen für kurze Präsenzzeiten nach Mannheim zu holen. Mit diesem Modell nehmen wir eine Vorreiterrolle unter den Hochschulen ein.

Für die Umstellung von Präsenz- auf digitale Fernlehre benötigen wir etwas Zeit. Jetzt kommt uns allerdings zugute, dass unsere Dozentinnen und Dozenten bereits Erfahrung in der online-Betreuung unseres 2016 eingeführten Fernstudiengangs „Bachelor of Public Administration “ haben. Alle nötigen Informationen und Lerninhalte stellen wir den Studierenden über die elektronische Lernplattform ILIAS zur Verfügung und geben einen Wochenrahmen vor, der von den Dozentinnen und Dozenten des jeweiligen Studienfachs befüllt wird.

Die Studierenden können sich so, abgesehen von den Online-Vorlesungen, ihre Zeit frei einteilen, wissen aber genau, welcher Lehrstoff erarbeitet werden muss. Aber ganz so einfach, wie wir uns zunächst die Umstellung vorstellen, ist es dann doch nicht, bis alle in einem Boot sitzen und insbesondere alle Studierenden mit ILIAS vertraut sind.

Umstellung auch für Dozentinnen und Dozenten

Auch für unsere hauptamtlich Lehrenden bedeutet die Einstellung des Präsenzvorlesungsbetriebes eine enorme Umstellung, gilt es doch die Präsenzvorlesungen schnellstmöglich umzustellen, sie kompatibel für die Fernlehre zu machen und online zu stellen.

Wiederaufnahme des Präsenzlehrbetriebs

Es ist Ende April 2020. Die Studierenden beginnen, mit den Hufen zu scharren. Sie wollen wissen, wann die Präsenzlehre in Mannheim - zumindest teilweise - wieder aufgenommen wird.

Am 4. Mai 2020 ist es endlich soweit. Wir haben grünes Licht von der Öffentlich Rechtlichen Aufsicht (ÖRA) und haben ein eigenes Hygienekonzept erstellt. Wir warten mit Spannung auf die ersten Studierenden - rund 50 statt ursprünglich 500 Studierende werden jetzt regelmäßig rotierend bei uns auf dem Campus sein.

Wir fragen uns bang: wird alles gut gehen? Für diese Situation gibt es keine „Blaupause“.

Ja, es geht gut. Wir sind erleichtert. Zu einem „normalen“ Vorlesungsbetrieb zurückzukehren liegt noch in weiter Ferne, aber auch das schaffen Hochschulverwaltung, Dozentenschaft und Studierende gemeinsam. Es ist ein Anfang!

*Zur Autorin:

Dir’in Jahnz ist seit Juni 2016 Dekanin und Leiterin des FB BWV der HS Bund. Ihre Dienststelle umfasst 33 Beschäftigte in der Hochschulverwaltung und im Prüfungsamt sowie 44 Lehrende. Der FB BWV bildet den Beamtennachwuchs für die Laufbahn des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes in der Bundeswehrverwaltung aus.