04. Februar 2019

Ist das normal? Zur Nutzung von handelsüblichen Dienstfahrzeugen

„Soldatinnen und Soldaten kritisieren eine Zunahme des Verwaltungsaufwandes in vielen Bereichen zulasten des eigentlichen Kernauftrages, eine zu hohe Regelungsdichte kombiniert mit einer zu starren Anwendung von Vorschriften: Einfaches wird verkompliziert, Bewährtes verschlimmbessert, ineffizienter Personaleinsatz, unnötige Arbeitsaufträge oder sinnlose Arbeitsschritte.“ Dies schreibt der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages in seiner aktuellen Unterrichtung auf Seite 7.

Das kann direkt auf die Zivilisten übertragen werden und soll an zwei Beispielen verdeutlicht werden. Vorrangig geht es um die gelegentliche Nutzung von handelsüblichen Dienstfahrzeugen mit ziviler Fahrerlaubnis durch zivile Bundeswehrangehörige.

Die Erklärung zum freiwilligen Fahren

Interessant ist die offenbar unverzichtbare Erklärung zum freiwilligen Fahren. Vorab sei in Erinnerung gerufen, dass hier von verantwortungsbewussten Führerscheininhabern auszugehen ist, die einen Diensteid oder eine ähnliche Verpflichtung eingegangen sind. In aller Regel werden Fahrzeuge benutzt, die Dienstreisende auch bei jeder kommerziellen Autovermietung problemlos bekommen könnten. Dennoch wird ausdrücklich das Mitführen der nachfolgenden, unterschriebenen Erklärung gefordert:

Ich erkläre, dass ich die Fahrten nur antrete, wenn ich
1.   im Besitz der allgemeinen Fahrerlaubnis der Klasse B oder 3 bin,
2.   mich gesundheitlich in der Lage fühle, das Dienstfahrzeug sicher zu fahren und
3.   nicht geländegängige PKW der Kategorie P1-P5(K) (Limousinen und entsprechende Karosserievarianten mit in der Regel nicht mehr als zwei Sitzreihen, nicht jedoch hü PKW, deren Aufbau/Karosserie die Merkmale eines Kleinbusses/LKW aufweisen) für die Fahrt nutze.
Mir ist bekannt, dass ich das Fahren eines Dienstfahrzeuges und die Mitnahme von Personen im Einzelfall oder generell – ohne Angabe von Gründen – gegenüber dem bzw. der zuständigen Vorgesetzten ablehnen kann.

Hier zeigt die Militärbürokratie eine auf tiefem Misstrauen basierende Absicherungsmentalität und reagiert mit unsinniger Überorganisation.

Die Punkte erstens und zweitens gelten immer, besonders im zivilen Leben für Menschen im öffentlichen Dienst. Diese Punkte sind redundant und entbehrlich. Der Punkt drittens kann bequem beim Bestellvorgang geregelt werden. Die Mitnahme von Personen ist anderweitig geregelt. Welchen belegbaren Mehrwert hat dieses mitzuführende Formular? Hat das etwas mit der vom Wehrbeauftragten beklagten Verantwortungsdiffusion zu tun, dass diese Gängelung einfach so hingenommen werden muss? Zivilbeschäftigte halten sich im Rahmen ihres Dienstverhältnisses besonders an Gesetze und Vorschriften. Wenn sie es ausnahmsweise nicht tun sollten, glaubt dann jemand ernsthaft daran, dass dieses Formular hilft? Weg damit!

Die Protokollierung von Dienstfahrten auf Grund freiwilliger Selbstfahrerklärung

Es ist ein großer Fortschritt, dass Dienstreisende nicht allein auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind. Dienstliche Mobilität, bereitgestellt durch die BwFuhrPark GmbH, ist oft eine für Dienstherrn und Dienstreisende vorteilhafte Alternative, wenn man schon dienstlich unterwegs sein muss. Bedauerlicherweise gibt es allerdings immer noch dienstreisende Zeitgenossen, die nicht über eine Dienstfahrerlaubnis verfügen und handelsübliche Pkw der BwFuhrpark GmbH bestimmungsgemäß nutzen wollen. Eigentlich ein ganz normaler Vorgang, aber das Kraftfahrwesen der Bundeswehr wollte diesem anstößigen Treiben ein Ende setzen. Nahezu alle armen Seelen nur mit zivilem Führerschein sollten die Dienstfahrerlaubnis endlich erwerben, damit ein vorschriftenkonformer Zustand hergestellt wird. Manchmal geht die Fürsorge des Dienstherrn, vertreten durch BMVg FüSK, unergründliche Wege.

Was für ein unsinniger Aufwand, dachten sich die Betroffenen. Dann findet eben keine Nutzung von handelsüblichen Dienst-Pkw mehr statt, wenn man uns schikaniert. „Wenn mir der Dienstherr Steine in den Weg legt, darf er sich nicht beklagen, wenn die Reise länger dauert.“ Jedoch, es wurde um praktikable Lösungen gerungen. Als nicht nachvollziehbarer Kompromiss wurde neuerlich die Protokollierung von bis zu 35 Fahrten pro Jahr ohne Dienstfahrerlaubnis angewiesen. (Vorsicht, es gibt offenbar unterschiedliche Regelungen!) Selbstverständlich auf einem speziellen Formular, das am Jahresende kontrolliert werden muss und zu archivieren ist. Wer das zu locker sieht, muss mit dienstrechtlichen oder arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen, wurde gedroht. Super, wir haben ja sonst nichts zu tun. Das „Bürokratiemonster Bundeswehr“ hat eine neue bürokratische Hürde eingeführt. Schlimmer geht also immer!

Das Kraftfahrwesen der Bundeswehr

Der Aufgabenbereich Kraftfahrwesen dient der Sicherstellung einer verkehrs- und betriebssicheren Nutzung von Dienstfahrzeugen. Es ist ein recht großer Aufgabenbereich, denn es geht um sehr viele, häufig sehr spezielle Fahrzeuge. Es geht um Grundbetrieb und Einsatz, um Inland und Ausland, um besondere Rechte der Bundeswehr, um Fahrer und Fahrlehrer, um Fahrerlaubnisse und Führerscheine, um den Betrieb von Dienstfahrzeugen. Es versteht sich von selbst, dass es dafür ein Regelungsregime geben muss. Aber das darf nicht in unsinniger Bürokratie münden.

Zum Schluss wollen wir aus dem Vorwort der Unterrichtung durch den Wehrbeauftragten zitieren: „Nichts kommt von selbst. Wer Verbesserungen will, muss Missstände ansprechen. Entscheidungen sind nötig. Abwarten kann keine Option mehr sein.“

„Verantwortungskultur in Zeiten der Überorganisation“

Es ist höchste Zeit, dieses Denken sinngemäß auf die oben geschilderten Probleme anzuwenden und konsequent zu handeln. Wer traut sich, den Aufforderungen des Wehrbeauftragten Folge zu leisten?