20. August 2019

Karrieretage Koblenz: Ingenieure und Juristen (m/w/d) in Zivil gesucht

  • Karrieretage BW in Koblenz 2019
    Foto: VBB
    Stets finden Überraschungen statt, wo man sie nicht erwartet hat. (Wilhelm Busch)

Eine Internetrecherche zeigt es schnell: Karrieretage gibt es anscheinend wie die berühmten Säcke Reis in China. Nun gab es zwei Karrieretage mehr in Koblenz. Schön, aber für das Bestandspersonal sind doch Karrieretage uninteressant, könnte man vorschnell meinen. Weit gefehlt, ein Event mit eigenem Charakter haben die Kolleginnen und Kollegen aus BAPersBw und BAAINBw da auf die Beine gestellt! Lesen sie deshalb ungefilterte Impressionen vom Besuch dieser überraschenden Veranstaltung, die Vorurteile Lügen straft!

Freitagnachmittag nach der Kernzeit, schon lange sind die Frühgleiter wie ein unaufhaltsamer Tsunami durch die Wache geströmt. Auf dem Schreibtisch liegen noch administrative Aufgaben und der elektronische Briefkasten ist nervig. Ja, der Wehrbeauftragte hat recht: „Wer sich so organisiert, hat immer zu wenig Personal. So wird Arbeitskraft verbrannt und Mangel produziert.“ „Und alle machen mit“, füge ich in Gedanken hinzu. So richtige Wochenendstimmung will noch nicht aufkommen. Dennoch, auch das Schönste ist irgendwann mal zu Ende und so begebe ich mich zu den beworbenen Karrieretagen in die Liegenschaft Rauental, wo diese Veranstaltung stattfindet. Ein kurzer Blick auf den idyllischen Moselstausee macht nachdenklich. Eigentlich soll das ruhig liegende Wasser in den Rhein strömen, aber es wird erstmal aufgehalten, wie so mancher eilige Vorgang in unserer Bürokratie. Irgendwann bewegt es sich dann doch weiter. „Alles fließt“, sagte schon Heraklit. Bis auf den heutigen Verkehr, denn der staut sich gewaltig vor der Hauptwache des BAAINBw. Der Stresspegel steigt, die Vorfreude fällt. Geht man so mit potenziellen Bewerbern um? Nun, der Zugang wird anhand von langen Namenslisten kontrolliert. Typisch, militärische Sicherheit geht vor Schnelligkeit, keiner will Ärger mit der Zentralabteilung. Offenbar ist man vom Andrang überrascht, ich ebenso.

„Super gemacht“, denke ich ironisch. Hier verbiegt sich niemand. Unsere Bundeswehr zeigt sich ehrlich und authentisch von ihrer bürokratischen Seite. Die Vorfreude steigt, der Stresspegel fällt. Alle bleiben entspannt und begeben sich in der milden Nachmittagssonne zum Veranstaltungsgebäude. Mal sehen, was dort los ist. Ich habe mich dort mit dem Leiter der Arbeitsgruppe Technik des VBB verabredet; er müsste leicht zu finden sein. Von wegen, Tür auf und mich trifft fast der Schlag, denn im Foyer ist Lärm und Stimmung wie vor einem Sportevent. Engagierte Gespräche, positive Anspannung, ansteckend gute Laune, wer hätte das so erwartet!

Das Dauernörgeln ehemaliger und aktiver Verantwortlicher in der Bundeswehrführung über die Beschaffung, die Skandalisierung vieler Ausstattungs-Ärgernisse in der Presse sowie das Damoklesschwert der x-ten Reform der Beschaffungsorganisation haben dem öffentlichen Ansehen der Bundeswehr glücklicherweise doch nicht so sehr geschadet wie befürchtet.

Die Vorfreude ist weg, jetzt kommt echte Freude auf. Gut, dass ich dabei sein kann. Also abgetaucht in die wabernde Menschenmenge, wo viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in individuellen Einzelgesprächen engagiert aus erster Hand berichten. Sie zeigen diese Art der Begeisterung, die man auch in diesem Amt bei der Identifikation mit seiner Arbeit empfinden kann, trotz überbordender Verwaltung, wie Eingangs ausgeführt. Als Mitglied des Bundesvorstandes freut man sich besonders, überproportional viele VBB’ler als Funktionspersonal zu treffen, denn die gehen wieder mit gutem Beispiel voran. Sie stehen sprichwörtlich für die Bundeswehrverwaltung, übrigens zusätzlich zum normalen dienstlichen Aufgabenbereich. Insgesamt war die personelle Auswahl von den Verantwortlichen gut getroffen, denn die Geschlechter- wie die Altersmischung passte, technischer und nichttechnischer Dienst, Menschen mit und ohne militärische Berufserfahrung, alle freundlich, hilfsbereit und zuvorkommend. Klingt komisch, ist aber so! Entgegen mancher Vorurteile ist das BAAINBw immer für Überraschungen gut.

Recht angenehm war das Zusammenspiel zwischen zivilem und militärischem Personal. Hier drängten sich keine Uniformträger in den Vordergrund nach dem Motto: „Ich weiß, was für dich und Deutschland das Beste ist, werde Soldat!“ Zielgruppe waren Menschen, die eben nicht dauerhaft eine Uniform tragen wollen, aber mit Soldatinnen und Soldaten für unser Land arbeiten wollen. Das notwendige Militärische, was eine Bundeswehrverwaltung auszeichnet, kam dennoch klar zur Geltung: Wir sind eine Bundeswehr. Wir arbeiten eng mit Soldatinnen und Soldaten zusammen. Wir bieten Vielfalt. Insofern haben die anwesenden Soldatinnen und Soldaten die Veranstaltung bereichert und wesentlich zum Gelingen beigetragen. Mittendrin der Abteilungsleiter Informationstechnik, der als General mit gutem Beispiel voran ging!

Raus aus dem lebhalten Foyer auf den sonnigen Vorplatz, wo ebenfalls kompetent beraten und entspannt diskutiert wurde. Die Gestaltung des Umfeldes mit einigen aktiven Exponaten war nicht schlecht, aber auch nicht überragend gut. Eine vielfältige Organisation wie die Bundeswehr sollte imstande sein, sich noch professioneller darzustellen, weniger improvisiert. Zeigt, was ihr habt, denn die Bundeswehr hat einiges mehr zu bieten! Und wenn wir schon bei Manöverkritik sind: In einer Stadt, wo Rhein und Mosel nicht nur zusammentreffen, sondern manchmal sogar durch Koblenz fließen, also Wasser genug vorhanden ist, sollte es möglich sein, bei einer derartigen Veranstaltung alle Menschen vor Ort mit Mineralwasser oder Softdrinks zu versorgen, gerne kostenlos. Da muss die eine oder andere „Krämerseele“ über ihren Schatten springen, um auf Augenhöhe mit der Konkurrenz am Arbeitsmarkt zu agieren. Mit wenig Aufwand kann viel erreicht werden, was manchmal den gewissen Unterschied ausmacht. Wie meinte die Kollegin mit einem Augenzwinkern: „Wir geben Millionen für Berater aus, aber da wird gespart. Das wirkt kleinlich und peinlich.“ Mehr Corporate Design, mehr Exponate, freie Getränke, das sind Anregungen, die bei der nächsten Veranstaltung dieser Art bedacht werden sollten.

Zurück zu diesem Event. Im fast akademischen Format ging es bei den Vortragsveranstaltungen zu, wo interessiert zugehört und zielgruppenspezifisch informiert wurde, auf Anfrage gerne individuell. Die Mischung machte es, so passt das eine zu dem anderen. Hervorragend gepasst hat ebenfalls die Symbolik, zwar kaum bemerkt von den teilweise weit angereisten Interessenten, aber hochmotivierend für die Insider. Zwei sichtlich positiv gestimmte Präsidentinnen nahmen sich viel Zeit für den gemeinsamen Besuch dieser Karrieretage. Besser kann die hohe Bedeutung dieses gemeinsamen Projekts von BAPersBw und BAAINBw nicht hervorgehoben werden. Währenddessen bildet sich eine Schlange vor dem e-recruiting- Computer. „So ist das eben“, denke ich ein wenig keck. Die beiden Präsidentinnen sind der lebendige Beweis, welche Karrieren bei der Bundeswehr möglich sind, während die erfreulich zahlreichen Bewerberinnen und Bewerber noch den passenden Einstieg finden müssen.

Qualifizierte Neueinstellungen sind ein Segen für das Bestandspersonal, was voll den Zielsetzungen des VBB entspricht. Außerdem haben sich einmal mehr viele VBB’ler amtsübergreifend engagiert, darüber sollte aus Verbandssicht berichtet werden, finde ich.

Genug erlebt, stelle ich zufrieden fest, und begebe mich, viel später als geplant, auf den Heimweg. Von wegen Reissäcke in China, das war Charakter in Koblenz, das hat Relevanz. Mach, was wirklich zählt!

Ergänzend wurden nach der Veranstaltung noch weitere erfahrene Teilnehmer befragt, um diese persönlichen Impressionen erweitern. Beispielsweise gab es ein erhebliches Interesse von Berufsgruppen jenseits von Ingenieuren und Juristen (m/w/d), was sehr erfreulich ist und genutzt werden muss. Der mittlere und gehobene Dienst ist genauso wichtig! Zurück zum e-recruiting: Selbstverständlich müssen alle Bewerbungen so schnell bearbeitet werden, dass es zum benötigten qualifizierten Personalaufwuchs tatsächlich kommt. Mach, was wirklich zählt!

Karrieretage in Koblenz, dafür gibt’s ein fettes “like“. Das Konzept dieser Karrieretage sollte man adaptieren und an anderen zivilen Bundeswehrstandorten ebenfalls anwenden, der Bedarf ist da und eine Nachfrage ebenfalls.