17. April 2018
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Pflegeversicherung und Beihilfe - Information aus erster Hand

Im Hinblick auf die wichtige Bedeutung der Pflegeversicherung hatte der Vorsitzende der VBB-Standortgruppe Stuttgart, Kollege Hans-Dieter Schenk, am 26. März 2018 die Mitglieder im Ruhestand der Standortgruppe Stuttgart zu einer Informationsveranstaltung am 11. April 2018 im Dienstgebäude des Behördenzentrums eingeladen.

Viele der „Ehemaligen“ waren der Einladung gefolgt; die Wiedersehensfreude – insbesondere nach längerer Zeit - war groß. Kollege Schenk verteilte im Anschluss den von der VBB-Bundesleitung erarbeiteten, kostenlosen Vorsorge-Ordner „Ratgeber für den Ruhestand“ – auch mit Hinweisen auf die Pflegeversicherung.

Niemand ist gegen die Wechselfälle des Lebens gefeit. Steigender Pflegebedarf im Bundesgebiet lässt eine vorsorglich  informierende Wegweiserhilfe durch das Labyrinth der Bestimmungen sinnvoll erscheinen, Bei Eintritt eines Pflegefalles nützen die  Regelungen dem Einzelnen nur, wenn er weiß, was er unter bestimmten Voraussetzungen beanspruchen kann.

Gerd Blanc, Leiter des Sachgebietes „Pflegeversicherung“ beim Dienstleistungszentrum „Beihilfe Stuttgart“ des Bundesverwaltungsamtes (Oberbehörde des Bundesinnenministeriums), verstand es meisterhaft. vor einem großen Zuhörerkreis das Zusammenwirken von Pflegeversicherung und Beihilfe nach der Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) zu  erläutern. Das 1995 in Kraft getretene Pflege-Pflicht-Versicherungsgesetz (SGB XI) vom 26.05.1994 mit den seitherigen Änderungen gilt  für die gesetzlich und privat Krankenversicherten in gleichem Umfang. Die Träger der Krankenversicherung (Krankenkasse, private Versicherungsunternehmen) nehmen auch die Aufgaben der Pflegeversicherung wahr.

Von den nach dem Pflegversicherungsgesetz zu gewährenden Leistungen übernimmt die Beihilfe für  beihilfeberechtigte Versorgungsempfänger den Beihilfe- Bemessungssatz von

50 % für Versicherte in der sozialen Pflegeversicherung,

70 % für Versicherte in der privaten Pflegeversicherung.

Den Restbetrag auf  eine 100 %-ige Kostenerstattung des jeweils zustehenden Leistungsbetrages übernimmt der Träger der Pflegeversicherung.

Der Referent ging auch näher auf die Mitwirkungspflichten des Pflegebedürftigen ein.

Nach Antragstellung bei den Trägern der Pflegeversicherung soll spätestens nach 25 Arbeitstagen eine Entscheidung über die Pflegebedürftigkeit getroffen werden. Grundlage der Entscheidung ist die vorherige Begutachtung des Pflegebedürftigen durch medizinisches Fachpersonal  (bei gesetzlich Versicherten: Medizinischer Dienst der Krankenkasse (MDK) und bei Privatversicherten: MEDICPROOF). Dabei wird die Beeinträchtigung der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten nach 6 verschiedenen Lebensbereichen einschließlich Demenz ermittelt. Der Referent erläuterte am Beispiel  der Lebensbereiche „Mobilität“ und „Selbstversorgung“, wie die Punkte ermittelt werden.  Die Gesamtwertung ergibt einen der 5 möglichen Pflegegrade für den Feststellungsbescheid der Pflegeversicherung.

Die Feststellungen der Pflegeversicherung sind auch für die Beihilfe maßgebend. Dazu übersendet der pflegebedürftige Beihilfeberechtigte den Feststellungsbescheid der Pflegeversicherung an die Beihilfestelle. Gegen den Bescheid der Pflegeversicherung ist ein Widerspruchsverfahren nach den Bestimmungen des Sozialgerichtsgesetzes möglich.                                                                             -

Da 71 % der Pflegebedürftigen zu Hause gepflegt werden, ging der Referent näher auf die  Pflegesachleistung (Pflege durch Pflegefachkräfte) und die Pauschalbeihilfe/Pflegegeld, wenn Angehörige pflegen, ein. Und er sprach auch die Varianten an wie die Kombination aus beidenLeistungen, die Verhinderungspflege (kurzzeitige Abwesenheit der pflegenden Angehörigen), Kurzzeitpflege (begrenzte vollstationäre Pflege), die ambulant betreuten Wohngruppen und die Pflegehilfsmittel und Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes sowie  die Betreuungs- und Entlastungsangebote.

Für den Bereich der vollstationären Pflege in anerkannten Pflegeinrichtungen erläuterte er unter Verwendung von Berechnungsbeispielen die Pauschalleistungen und einkommensabhängigen Mehrleistungen.

Die Pflegeversicherung sieht bei vollstationärer Pflege pauschalierte Leistungen für pflegebedingte Aufwendungen vor. Für die sogenannten „Hotelkosten“ (Verpflegung, Unterkunft, Investitionskosten), die von einem anerkannten Pflegeheim in Rechnung gestellt werden, muss der Pflegebedürftige grundsätzlich selbst aufkommen. Die Pflegeversicherung ist also keine Vollkasko-Versicherung! Bei fehlendem Einkommen/Vermögen kann aus Fürsorgegründen der gesetzlich Versicherte Sozialhilfe und der beihilfeberechtigte Beamte einen Zuschuss zur Beihilfe beantragen.

Abschließend behandelte der Referent auch die Leistungen, die – abweichend von den anderen Pflegegraden – in Pflegegrad 1 zustehen.

Es erfolgte eine äußerst positive Resonanz auf einen Vortrag mit vielen  sehr wichtigen Informationen. Die von ihm ausgehändigte Broschüre ist ein übersichtliches und wertvolles Nachschlagewerk.

Weitere Hinweise

  1. Privatversicherungsrechtlich abgeschlossene Pflege-Zusatzversicherungen werden nicht auf die Beihilfe angerechnet.
  2. Ist die Ehefrau in der sozialen Pflegeversicherung versichert, geht im Todesfall des privat pflegeversicherten Ehemannes seine beamtenrechtliche Beihilfeberechtigung auf  die Witwe über.  Um ggf. Regressansprüche seitens der sozialen Pflegeversicherung zu vermeiden, sollte  die Witwe ihre Pflegekasse über die neu erworbene Beihilfeberechtigung informieren.
  3. Weitere Informationsmöglichkeiten:
  1. Pflegeberatung, Pflegestützpunkte in Wohnortnähe,
  2. Compass-Pflege-Beratung,
  3. VBB-Vorsorge-Ordner: Abschn. IV.5 (S. 38-41): Pflegeversicherung.