10. Juni 2018

Sitzung des Berufsrates Verteidigung der CESI

Zu seiner turnusmäßigen Sitzung trafen sich die Mitglieder des Berufsrates Verteidigung der Europäischen Union unabhängiger Gewerkschaften (CESI) in Brüssel.

Für den Verband der Beamten der Bundeswehr e.V. (VBB) nahm der Bundesvorsitzende Wolfram Kamm, in seiner Funktion als Vizepräsident des Berufsrates Verteidigung der CESI teil.

Neben den aktuellen Berichten der Vertreter der anwesenden Mitgliedsverbände und einer Diskussion und dem Erarbeiten von Strategien zur Einflussnahme auf politische Entscheidungen im europäischen Verteidigungssektor, standen drei Sachthemen zur internationalen Verteidigungspolitik auf der Agenda, zu denen hochkarätige Referenten europäischer Gremien eingeladen waren.

Zum Stand der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Russland, gab der finnische Diplomat Petteri Vuorimaki, Mitglied des Auswärtigen Dienstes der EU, einen Sachstand. Dabei wies er im Besonderen auf die großen Veränderungen in der Intensität der Gespräche mit Russland seit der Annektierung der Krim hin. Waren gerade zu Beginn der 2000sender Jahre die Gespräche auf allen Ebenen zum Teil zweimal im Monat geführt worden, war die Annektierung der Krim durch die russische Föderation d e r grosse Einschnitt. Will man aus diesem völkerrechtswidrigen Verhalten ein positives Moment ableiten, so ist dieses eine bisher nicht gekannte Einigkeit der Europäischen Union.

Daraus abgeleitet wurden 5 Prinzipien erarbeitet , die es erlauben kommunikativ weiter zu agieren:

1. Aufrrechterhalten der Forderung nach Umsetzen des „Minsk-Abkommens“ und das „Nichtvergessen“ der Ukraine

2. Die Europäische Union wird die östlichen Partner (z.B. Armenien, Moldavien) weiter unterstützen.

3. Die Europäische Union ist entschlossen eigene Fähigkeiten zu stärken – Beispiel hybride Bedrohungslagen, Cyber.

4. In der Kommunikation mit der Russischen Föderation soll es weiterhin ein „selektives Engagement“ geben und keinen Gesprächsabbruch.

5. Kontakte mit den Menschen in Russland um der Menschen willen sollen aufrechterhalten bleiben, um nicht eine ganze Generation zu verlieren.

Zur Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der NATO im Verteidigungsbereich referierte der Leiter des Referates für NATO und multilaterale Angelegenheiten in der Abteilung für politische Angelegenheiten und Sicherheitspolitik der NATO, Petr Chalupecky.

Herr Chalupecky betonte im Rahmen seiner Ausführungen die Notwendigkeit, Antworten auf die russische Aggression der Krim und der Ostukraine zu geben. Dazu gehöre auf die Aufstellung eines NATO – Gefechtsverbandes und die Unterstützung der Eigenständigkeit der Partner, gerade im Osten. Dieses erfordere aber auch die Modernisierung der jeweiligen Streitkräfte um effizient vorgehen zu können, einschließlich eines Gleichgewichtes bei der Verteilung finanzieller Lasten.

Die Initiative der Europäischen Union im Hinblick auf eine ständige strukturierte Zusammenarbeit (PESCO) versteht die NATO nicht als „Konkurrenz“ sondern eine positive Begleitung notwendiger gemeinsamer Anstrengungen, Lasten und Risiken im Hinblick auf die politischen Herausforderungen gleichmäßig zu verteilen.

Den Abschluss der Sitzung des Verteidigungsrates der CESI bildete das Gespräch mit dem stellvertretenden Kabinettchef der Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Fredrica Mogherini.

Oliver Rentschler warf einen Blick auf die derzeitige Situation in Europa.

Zusammengefasst lassen sich seine Ausführungen wie folgt darstellen:

1. Die Aussagen von Javier Solana aus dem Jahre 2003: „frei, reich, sicher“ als Zielsetzung in Europa müssen neu betrachtet werden. Seit 2016 ist die Erarbeitung einer neuen Strategie unter dem Eindruck der geopolitischen Veränderungen zwingend erforderlich.

2. Europa muss weg vom Bild eines Konsumenten für Sicherheit, hin zu einem Produzenten für Sicherheit.

3. Manche bestehenden oder erwartbaren Szenarien scheinen besser in europäischen, als in NATO – Strukturen lösbar. Stichwort: „Protecting Europe“

4. Überlegungen innerhalb der Europäischen Union zur Eigenverantwortlichkeit stellen keine Konkurrenz zur NATO dar.

Eine der in Augenschein genommenen Maßnahmen hierzu ist die permanente strukturierte Zusammenarbeit (PESCO). Diese Möglichkeit der Zusammenarbeit in verschiedenen – auch militärischen Bereichen – folge dem Prinzip der Freiwilligkeit. Sinn und Zweck ist weder der Aufbau einer europäischen Armee und daraus folgend auch keine Konkurrenz zur NATO. Die zu treffenden Entscheidungen folgen dem Konsensprinzip, müssen folglich einstimmig getroffen werden.

Die jeweils zur Verfügung gestellten Kapazitäten bleiben in nationaler Verantwortung.

Für die Mitglieder des Berufsrates ist es wichtig, eine institutionalisierte Gesprächsform zu erhalten, in der gerade im Zusammenhang mit PESCO auch die für die europäischen Gewerkschaften und Berufsverbände eine Möglichkeit geschaffen wird, beispielsweise soziale Standards anzusprechen und mit zu gestalten. Und dieses auf dem jeweils höchsten Niveau, das in der Europäischen Union vorhanden ist. Als ein negatives Beispiel wurde die Situation der Streitkräfte und der Polizei in Luxemburg angesprochen. Dort hat die Ausgestaltung des passiven Wahlrechtes die Aufgabe des Beamtenstatus zur Folge. Für den Fall einer nicht erneuten Wahl ist eine Rückkehr in das Beamtenverhältnis fast unmöglich.

Herr Rentschler sagte dem Berufsrat Verteidigung seine Unterstützung bei dessen Anliegen im Bereich PESCO zu.