03. Februar 2019
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Überstunden bei Teilzeitbeschäftigung

Bei einer Personalversammlung Ende letzten Jahres traten Arbeitnehmer/innen an den Ver-band der Beamten der Bundeswehr (VBB) mit der Frage heran, wie es aktuell bei der Bezah-lung von Überstundenzuschläge bei Teilzeitbeschäftigten aussehe.

Auslöser war ein Rundschreiben des dbb vom 07. August 2017 infolge eines neuen Urteils des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 23. März 2017 (6 AZR 161/16) zu den Voraussetzungen für das Entstehen von Ansprüchen auf Überstundenzuschlägen im Geltungsbereich des TVöD – insbesondere für Teilzeitbeschäftigten. Das Rundschreiben führte aus, dass „[…] Teilzeitbeschäftigte danach bereits dann Überstunden leisten, wenn sie über ihre individuell vereinbarte Arbeitszeit hinaus arbeiten – und nicht erst dann, wenn sie die Grenze eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers überschreiten. Damit steht die Regelung des § 7 Abs. 7 TVöD einer Einordnung als Überstunden und einem etwaigen Anspruch Überstundenvergütung nicht mehr im Wege, da diese insoweit gegen § 4 Abs. 1 TzBfG und europarechtliche Vorgaben verstößt. Damit entstehen Ansprüche auf Überstundenzuschläge gemäß § 8 Abs. 1 TVöD bereits ab der ersten Stunde, die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus erbracht wird – und sind entsprechend auszubezahlen, wenn vollschichtig eingesetzte Teilzeitbeschäftigte ungeplant Überstunden leisten. […] Alle Beschäftigten, die ungeplant über einen Schichtplan hinaus Überstunden geleistet haben, und insbesondere Teilzeitbeschäftigte in dieser Situation, sollten daher nicht gezahlte Überstundenzuschläge sowie die Überstundenvergütung umgehend und bis zu sechs Monate rückwirkend schriftlich geltend machen. Den Eingang des Antrags zur Wahrung der tariflichen Ausschlussfristen sollte man bestätigen lassen.“

Daraufhin stellten Kolleginnen und Kollegen in Teilzeit entsprechende Anträge bei den jeweiligen Bundeswehr-Dienstleistungszentren, die zwischenzeitlich mit Hinweis auf eine Festlegung des Bundesministeriums des Innern (BMI) negativ beschieden worden sind. Entsprechend groß war und ist die Verunsicherung.

 

Zur Klarstellung nunmehr folgende Hinweise:

Es stellt sich mithin die Frage, ob durch das Urteil des BAG vom 23.März 2017 (6 AZR 161/16) eine Änderung der Rechtsprechung vorliegt.

Grundsätzlich gilt, dass Überstunden nach tariflicher Regelung durch Freizeitausgleich oder finanziell abgegolten werden müssen. Ausnahme: es liegen besondere Arbeitszeitmodelle vor. Darüber hinaus sieht § 8 TVöD vor, dass Arbeitnehmer für Überstunden Zuschläge erhalten.

Überstundenzuschläge werden jedoch bei Teilzeit-Beschäftigten nicht ab der ersten individuellen Überstunde gewährt. Diese Stundengrenze orientiert sich nach § 7 Abs. 6,7 TVöD regelmäßig an den Arbeitsstunden von Vollzeitbeschäftigten. Bei einer 39-Stunden-Woche bedeutet dies, dass Vollzeitbeschäftigte einen Überstundenzuschlag ab der 40. Wochenstunde erhalten. Teilzeitbeschäftigte mit einer 20-Stunden-Woche müssen jedoch 20 Überstunden in einer Woche leisten, um für eine Stunde einen Überstundenzuschlag zu erhalten.

Darin könnte jedoch eine Ungleichbehandlung von Vollzeit- und Teilzeitkräfte gesehen werden. Eine Ungleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitmitarbeitern ist jedoch gemäß § 4 TzBfG unzulässig.

Das BAG und auch der Europäische Gerichtshof (EuGH, vom 15. Dezember 1994 - C-399/92) argumentiert gegen eine Ungleichbehandlung, dass für alle Mitarbeiter unabhängig von deren individueller Arbeitszeit für die gleiche Anzahl von Arbeitsstunden die gleiche Gesamtvergütung geschuldet wird.

Entgegen der bis dahin geltenden Rechtsprechung entschied das BAG mit Urteil vom 23. März 2017 zu § 7 Abs. 6 bis 8 TVöD, dass bei sogenannten ungeplanten Überstunden, die über die tägliche Arbeitszeit hinaus abweichend vom Schichtplan angeordnet werden, den betroffenen Arbeitnehmern auch in Teilzeit Überstundenzuschläge zustehen können. Dabei sind Beschäftigte in Teilzeit und in Vollzeit ohne Unterschied zu behandeln. Teilzeitbeschäftigten stehen also Überstundenzuschläge zu, wenn sie über ihren persönlichen Beschäftigungsumfang hinaus eingesetzt werden. Die Einschränkung der Dispositionsmöglichkeiten über die Freizeit trifft teilzeit- und vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer in gleicher Weise.

Wichtiges Detail – es handelte sich hierbei um Fälle sogenannter ungeplanter Überstunden von Teilzeitbeschäftigten im Wechsel- oder Schichtdienst!

Zudem wurde die „alte“ Rechtsprechung außerhalb des Schicht- und Wechseldienstes durch BAG-Urteil vom 26. April 2017 (10 AZR 589/15) bestätigt. Das BAG kommt hier zum Ergebnis, dass keine Ungleichbehandlung vorliegt, wenn Mehrarbeitszuschläge nur für Arbeitsstunden zu zahlen sind, die die tarifvertraglich geregelte Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers übersteigen (z.B. 40 Stunden). Argumentiert wird auch hier, dass die gleiche Anzahl von Arbeitsstunden für Teilzeitarbeitnehmer und Vollzeitarbeitnehmer gleich vergütet wird.

 

Fazit:

Das BAG-Urteil vom 23. März 2017 (6 AZR 161/16) bezieht sich allein auf die Fälle sogenannter ungeplanter Überstunden bei Teilzeitarbeit im Schicht- und Wechseldienst – dies hat auch das Bundesministerium des Innern (BMI) entsprechend klargestellt.

Es ist aus Sicht des Verbandes der Beamten der Bundeswehr (VBB) wünschenswert, diese Entscheidung des BAG aus März 2017 grundsätzlich auf alle Teilzeitbeschäftigten anwenden zu können, weil Teilzeitbeschäftigte ansonsten bei der Anwendung von § 7 Absatz 6 TVöD ein höheres Freizeitopfer als Vollzeitbeschäftigte erbringen müssen. Insofern unterstützt und fordert der VBB diese Ausweitung. Dies ist kann jedoch nur durch eine Korrektur des § 7 TVöD oder aber im Klagewege erreicht werden. Hierfür wird sich der VBB einsetzen!