20. Februar 2017
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VBB im Gespräch mit Ministerialdirektorin Alice Greyer-Wieninger zum Thema Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)

Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) ist die Gestaltung, Lenkung und Entwicklung betrieblicher Strukturen und Prozesse, um Arbeit, Organisation und Verhalten am Arbeitsplatz gesundheitsförderlich zu gestalten. Ziel des BGM ist, die Belastungen der Beschäftigten zu optimieren und die persönlichen Ressourcen zu stärken. Durch gute Arbeitsbedingungen und Lebensqualität am Arbeitsplatz wird auf der einen Seite die Gesundheit und Motivation nachhaltig gefördert und auf der anderen Seite die Produktivität, Produkt- und Dienstleistungsqualität und Innovationsfähigkeit eines Unternehmens erhöht. (Quelle: de.wikipedia.org/wiki/Betriebliches_Gesundheitsmanagement, Stand: 15.03.17, 10:18 Uhr)

Sehr geehrte Frau Greyer-Wieninger, das Thema Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) ist im gesamten Geschäftsbereich des BMVg etabliert. Was hat sich seit der Einführung aus Ihrer Sicht getan?

Sehr viel! Seit nunmehr vier Jahren, nachdem das Konzept „Betriebliches Gesundheitsmanagement“ für den Geschäftsbereich des BMVg eingeführt wurde, hat sich vom Ministerium bis in die Ortsdienststellen ein gutes und festes Netzwerk für das BGM gebildet. Ich kann für meinen Organisationsbereich IUD sagen, dass die BGM-umfassenden Angebote vielfältig sind und einer stetigen Anpassung und somit Weiterentwicklung unterliegen. Sooft es mir möglich ist, besuche ich Ortsdienststellen oder dislozierte Anteile der Bundesoberbehörde BAIUDBw. Aus vielen persönlichen Gesprächen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei meinen Dienststellenbesuchen weiß ich, dass die BGM-Angebote gut angenommen werden und dass oftmals eine Erweiterung des BGM gewünscht wird. Da die Gesetzlichen Schutzaufgaben, und damit der Arbeits- und Gesundheitsschutz zum Aufgabenportfolio meiner Abteilung gehört, ist dies für mich auch eine Bestätigung der Arbeit meines Organisationsbereiches.

 

BGM wird zuweilen ausschließlich mit den sportlichen Angeboten des Dienstherren / Arbeitgebers gleichgesetzt…

…und wird damit fälschlicherweise nur auf einen Baustein des BGM reduziert. Natürlich ist der Sport der „schönste“ Aspekt, auch derjenige, mit dem rasche persönliche Erfolge erzielt werden können, doch das BGM ist sehr viel mehr.

 

Wir wissen, dass das BGM auf drei Säulen steht.

Drei, die aus meiner Sicht immer zusammen genannt werden sollten. Die Betriebliche Gesundheitsförderung, der Arbeits- und Gesundheitsschutz und Führung und Organisation .Wer nur eine Säule betrachtet, läuft Gefahr, das Ziel des BGM aus den Augen zu verlieren: die Arbeits- und Dienstbedingungen im Geschäftsbereich BMVg gesundheitsförderlich, schützend und motivierend zu gestalten. Daran arbeiten wir stetig weiter.

 

Die Dienstbedingungen sollen also motivierend gestaltet werden. In welchen Bereichen sehen Sie die stärksten Stellschrauben für die Mitarbeiter-Motivation?

Zum einen in der Säule der Betrieblichen Gesundheitsförderung . Sie  besteht aus gesundheitserhaltenden,  –schützenden und –fördernden Maßnahmen. Hier verankert finden sich die Sport- und viele weitere Kursangebote zur Stressbewältigung, Suchtprävention, Ernährung, Bewegung und zur Vorbeugung von Krankheiten. Es umfasst alle verhaltenspräventiven Maßnahmen zur Gesundheitsförderung, Krankheitsprävention und zielt auf die Förderung der Gesundheitskompetenz des Einzelnen ab.

 

Das heißt, hier ist jeder Einzelne persönlich gefragt?

Richtig. Unser Dienstherr eröffnet ein großes Spektrum an vielfältigen und attraktiven Angeboten. Doch es erfordert die Bereitschaft des Einzelnen, diese auch anzunehmen. Das kann nur funktionieren, wenn der/die Einzelne erkennt,  dass man sich zum Beispiel mehr bewegen muss oder seine Ernährung hinterfragen sollte. Begreifen, dass unser Dienstherr „genau vor unserer Nase“  viele Möglichkeiten anbietet, jetzt tatsächlich etwas zu ändern. Zugreifen - das muss jeder schon selber. Schließlich ist die Teilnahme an den Angeboten der Betrieblichen Gesundheitsförderung  freiwillig. Ein Sprichwort sagt: „Wer nicht will -  findet Gründe. Wer will - findet Wege.“ Die Betriebliche Gesundheitsförderung ermuntert und zeigt konkrete Wege auf, die eigene Komfortzone zu verlassen. Auf Seiten des Dienstherrn jedenfalls ist der Wille da. Die Eigenverantwortung für ein gesundes Leben kann uns der Dienstherr / Arbeitgeber nicht abnehmen.

 

Aber auch unser Dienstherr trägt Verantwortung für uns. Wie findet sich diese im BGM wieder?

In der zweiten Säule, dem Arbeits- und Gesundheitsschutz  geht es um die Umsetzung der gesetzlichen Vorschriften, die zum Schutz von Leben und Gesundheit aller Angehörigen des Geschäftsbereiches BMVg - unter der Wahrung ihrer individuellen Rechte geschaffen worden sind. Unter Arbeits- und Gesundheitsschutz  finden Sie beispielsweise die Unfallverhütung und den medizinischen wie den sozialen Arbeitsschutz. Alles Bereiche, die in meiner Abteilung verankert sind. Wir tragen hier den gesetzlichen Vorschriften Rechnung, gehen aber auch in weiten Teilen über die gesetzlichen Mindestvorgaben hinaus, um die Gesundheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie unserer Soldatinnen und Soldaten bestmöglich zu schützen. Darauf bin ich durchaus stolz.

 

Zwischen der Eigenverantwortung und der Fürsorgepflicht unseres Dienstherrn gibt es aber noch eine Ebene, welche die Rahmenbedingungen des Arbeitsumfelds für jeden Einzelnen schafft.

Sie meinen die Vorgesetzten auf jeder Führungsebene. Diesen kommt im BGM eine wichtige und meiner Meinung nach ganz elementare Rolle zu. Nicht ohne Grund heißt die dritte BGM- Säule „Führung und Organisation“. Sie überträgt allen Vorgesetzten eine besondere Verantwortung – damit BGM überhaupt erst erfolgreich umgesetzt werden kann. Alle Vorgesetzten, und da schließe ich mich selbstredend ein, haben eine Vorbildfunktion. Jede und jeder einzelne muss sich der nachhaltig  positiven Wirkung von BGM in allen Arbeitsbereichen und allen Arbeitsebenen bewusst sein. BGM ist Führungsaufgabe, daran gibt es keinen Zweifel. Ich appelliere bei jeder Gelegenheit an Vorgesetzte, sich über BGM zu informieren, ihre Mitarbeiter zu motivieren und ihnen die Möglichkeit zur Teilnahme an BGF-Angeboten grundsätzlich einzuräumen. Sie sehen: auch hier liegt eine „Stellschraube“ zur Motivation.

 

Das BGM findet sich auch in der Agenda Attraktivität unter dem Punkt „Gesundes arbeiten“ wieder. Damit gilt es als Schwerpunktthema der Bundeswehr und es kommt ihm eine exponierte Bedeutung zu. Zu Recht?

Selbstverständlich! Wir sind als Bundeswehr vielleicht mehr als andere Bereiche von der  demographischen Entwicklung betroffen. Das durchschnittliche Lebensalter von Bundeswehrangehörigen ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Es liegt in unserem ureigenen Interesse, psychisch wie physisch gesunde und fitte Mitarbeiter in jeder Altersstufe zu haben, die die vielfältigen und fordernden Aufgaben der Bundeswehr im In- und Ausland leisten können. Nur durch das Zusammenwirken aller drei Säulen kann das BGM in seiner Gesamtheit die Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft aller Beschäftigten fördern. Es soll zum Erhalt, beziehungsweise zur Erhöhung der Einsatz- und Durchhaltefähigkeit sowie der Arbeits- und Dienstfähigkeit beitragen. Nur die Probleme zu kennen, reicht nicht aus – es kommt auf die konkrete Umsetzung und Auseinandersetzung mit dem Thema „Gesundheit“ an, wenn wir einen Beitrag zur Attraktivität der Bundeswehr als Arbeitgeber leisten wollen.

 

Wie sieht die aktuelle Entwicklung des BGM in Ihrem OrgBer aus?

Wenn ich meinen OrgBer betrachte, bin ich im Großen und Ganzen zufrieden. Natürlich gibt es in einigen Bereichen noch Luft nach oben, aber wir arbeiten an der kontinuierlichen Verbesserung. Von manchen meiner Dienststellen aus dem nachgeordneten Bereich weiß ich, dass sie sich ein noch breiteres Angebot an Maßnahmen wünschen, oder eine andere Kurs-Taktung. Hier sind wir von den Gegebenheiten vor Ort abhängig. Auch kann nicht jedes Angebot auf jeden anderen Standort übertragen werden. Aber der Rahmen der Möglichkeiten ist sicher noch nicht überall ausgeschöpft. Ich erhoffe und erwarte in diesen Fällen Kreativität, Initiative und Kompromissbereitschaft von allen Beteiligten.

Weit mehr Sorgen macht mir, dass einzelne Vorgesetzte BGM ablehnen oder ihren Unmut über die zeitweise Abwesenheit des Mitarbeiters zum Ausdruck bringen.

 

Wie gehen Sie auf eine solche Information ein?

Ich verweise dann auf die geltende Zentrale Dienstvorschrift (A 840/7), welche die „Teilnahme an Maßnahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements“ regelt. Darin sind die Vorgesetzten aller Ebenen gehalten, die Teilnahme durch persönliches Vorbild und gezielte Schaffung von Freiräumen zu fördern. Allerdings ist auch klar, dass die Auftragserfüllung der Dienststelle nicht gefährdet werden darf. Der dienstliche Auftrag geht immer vor!  Hier erwarte ich von den Vorgesetzten und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das richtige Augenmaß und Flexibilität. Das Augenmaß ist deshalb wichtig, weil wir mit einer Informationsdichte am Arbeitsplatz konfrontiert werden, die handhabbar bleiben muss. Die IT soll unsere Arbeit erleichtern und uns nicht beherrschen. Ein schwieriges Zusammenspiel, bei dem auch Termin- , Erfolgs- und Erwartungsdruck eine  Rolle spielen.

Aus diesem Grund hat die Abteilung GS im BAIUDBw die  neue Präventionskampagne „Arbeiten in Balance“ in Leben gerufen. Sie wurde im Oktober 2016 offiziell gestartet und hat zum Ziel, die psychischen Belastungen am Arbeitsplatz zu erkennen und die psychische Gesundheit der Beschäftigten zu schützen. Sie ist eine Maßnahme des Arbeits- und Gesundheitsschutzes meines OrgBer und richtet sich in den ersten Schritten gezielt an die Personengruppe der Vorgesetzten. Die Kampagne wird von unserer Ministerin persönlich unterstützt. Als Abteilungsleiterin werde ich nun die weiteren Schritte der Kampagne beobachten, begleiten und dafür auf allen Ebenen werben.

 

Welches Instrument des BGM erreicht Ihrer Meinung nach viele Mitarbeiter auf einmal?

Gesundheitstage sind ein hervorragendes Instrument, allen Beschäftigten einer Dienststelle oder eines Standortes die ganze Bandbreite des BGM vorzustellen und näher zu bringen. Die Vielfalt der Angebote  ist tatsächlich beeindruckend: ob Testen der persönlichen Fitness, Ernährungsberatung, das Bestimmen von Blutbild und Body Mass Index, Schnupperstunden bei Kursen der Gesundheitsförderung, Vorträge zur psychischen Gesundheit und noch viele Angebote mehr. Ich habe beim Gesundheitstag des BMVg hier am 2. Dienstsitz in Berlin einen ganzen Stapel Informationen mitgenommen und auch aktiv begeistert mitgemacht.

 

Sehr geehrte Frau Greyer-Wieninger, erlauben Sie uns zum Schluss noch die „Gretchenfrage“ – wie halten Sie es persönlich mit dem BGM. Nehmen Sie an Angeboten der BGF teil?

Sie werden verstehen, dass ich durch meinen großen Aufgabenbereich und die damit verbundenen häufigen dienstlichen Abwesenheiten, nicht regelmäßig an der Betrieblichen Gesundheitsförderung teilnehmen kann. Aber wann immer möglich, mache ich bei der Aquagymnastik mit. Das tut mir sehr gut und wenn ich allein dadurch nur einen weiteren Beschäftigten zur Annahme eines Angebotes der BGF- motivieren kann, haben wir eine win-win-Situation.

 

Sehr geehrte Frau Greyer-Wieninger, wir danken für dieses Gespräch.