24. Juni 2019

Wenn die Wissenschaft Wissen schafft: Mythen und Realitäten in der Beschaffung

Es ist ein Ritual mit langer Tradition und mit verfestigten Meinungen: Die Rüstungsbeschaffung muss umorganisiert werden. Der Auslöser scheint wohlbekannt. Zu optimistisch geplante Projekte scheitern an der Realität und die Schuld liegt demzufolge exklusiv beim „Zeughaus am Deutschen Eck“, also dem BAAINBw?

Der folgende Handlungsreflex ist leicht vorhersehbar, denn nach der politischen Empörung gibt es mehr oder weniger prominent besetzte Arbeitsgruppen, neudeutsch „Task Forces“, die unumstößlich untermauern, dass das „Zeughaus“ umgebaut werden muss. Jedoch zeigen die Fakten, dass die „Neuausrichtungen“ und „Nachjustierungen“ bestimmt immer gut gemeint waren, insgesamt aber immer wieder zu schlechten Resultaten geführt haben. Anders ist es wohl kaum zu erklären, dass keine Reform zu Ende gebracht wurde, weil eine Reform die nächste Reform jagt. Und die Reform der Reformen steht vor der Tür des „Zeughauses, sprich BAAINBw. Da stellt sich die Frage, wie klug diese Vorgehensweise ist, wenn gerade jetzt eine leistungsfähige Beschaffung so dringend gebraucht wird.

Als Berufsverband hat der VBB großes Interesse, dass die Verwaltung leistungsfähig und attraktiv bleibt, dass sich die Rüstung den neuen Herausforderungen erfolgreich stellen kann. Derartige Rituale auf dem Rücken der Beschäftigten lehnt der Verband ab, wir fordern unvoreingenommene Herangehensweisen. Eine Metapher möge dies versinnbildlichen.

Alle sind fit, nur die Rüstung ist krank?

Der Patient Rüstung klagt über leichtes Unbehagen an der einen oder anderen Stelle, eigentlich nichts Ungewöhnliches, das haben vergleichbare Patienten auch. Dennoch wird über seinen Kopf hinweg ein Expertenteam beauftragt, seine Leistungsfähigkeit zu verbessern. Die Fachärzte nehmen nach schneller Diagnose schwerwiegende Operationen vor und wundern sich, dass der Patient immer schlechter aussieht. Wo man doch vorgibt, ja, überzeugt ist, zum Wohle des Patienten zu handeln. Ein prominentes Behandlungsteam folgt dem nächsten, nie wird eine Therapie zu Ende geführt und nie werden die Ergebnisse abgewartet. Objektiv hat der Patient im letzten Haushaltsjahr erstaunliche Leistungen vollbracht, aber das zählt nicht. Der Patient wird überschüttet mit Vorschriften, wird in der Öffentlichkeit mit Häme überzogen, kaum einer schaut auf das Umfeld des Patienten und die Lebenswirklichkeit. Außenstehende schütteln nur verwundert den Kopf. Es muss sich was ändern, das steht fest!

Der Gastbeitrag: Prof. Dr. Eßig gibt Einblick in die aktuelle Forschung

Kürzlich hat der VBB von einem anregenden und interessanten Informationsaustausch mit Professor Dr. Michael Eßig berichtet. Tatsächlich laufen die Erkenntnisse aus unabhängig betriebener Wissenschaft und bedarfsabhängiger öffentlicher Beschaffung dicht zusammen. Professor Dr. Eßig ist als ordentlicher Professor für Beschaffung und Supply Management an der Universität der Bundeswehr München ein ausgewiesener Experte. Wer sich mit den wissenschaftlichen Hintergründen des Supply Chain Management oder der öffentlichen Beschaffung ernsthaft beschäftigt ist gut beraten, die Publikationen von Prof. Eßig zu studieren. Der Praxisbezug seiner Forschungen ist unverkennbar.

Die Bundesleitung freut sich sehr, Prof. Eßig für nachfolgenden Gastbeitrag in unseren Medien gewinnen zu können.

 

Beschaffung im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich:
Mythen und Realitäten

 

Prof. Dr. Michael Eßig / Dr. Christian von Deimling
Lehrstuhl Beschaffung und Supply Management
Universität der Bundeswehr München

 

1.         Problemlage: Zur Notwendigkeit einer datenbasierten Betrachtung der Beschaffung

Rüstungsbeschaffung wird im öffentlichen Diskurs meist kritisch begleitet. Beschaffungsvorhaben im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich haben spezifische Herausforderungen, welche einer detaillierten Analyse bedürfen und eben nicht einer „gefühlten Wahrheit“ der medialen Wahrnehmung folgen. Zum einen gilt es zu untersuchen, welche Probleme tatsächlich existieren – und zu prüfen, welche Lösungsmöglichkeiten dafür existieren könnten. Komplexe Systeme entziehen sich in der Regel einer „vereinfachenden“ Problemlösung.

In diesem Beitrag soll der Versuch unternommen werden, die Diskussion um Beschaffung im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich zu versachlichen. Dazu wird ein datenbasiertes Vorgehen gewählt. Es basiert auf einer Analyse der sog. TED-Datenbank (Tenders Electronic Daily). Dabei handelt es sich um die im Internet frei verfügbare Version des „Supplements zum Amtsblatt der Europäischen Union“ und damit um die offizielle Plattform für Vergabebekanntmachungen des gesamten europäischen öffentlichen Auftragswesens. Auf TED werden nach eigenen Angaben über 500.000 Vergabebekanntmachungen p.a. veröffentlicht. Diese Zahl umfasst die sogenannten Contract Notices (CN) und die Contract Award Notices (CAN) gleichermaßen. Die CN ist als Veröffentlichung der geplanten Vergabe noch vor Vertragsschluss zu verstehen, während die CAN  Informationen zur tatsächlich erfolgten Auftragsvergabe beinhaltet.

Alle Vergaben oberhalb der sog. „Schwellenwerte“ sind prinzipiell veröffentlichungspflichtig, so dass die TED-Datenbank einen tiefen Einblick in das tatsächliche europäische Vergabewesen geben kann. Die Meldepflicht für öffentliche Auftraggeber nach Artikel 66 2009/81/EG sorgt für eine nahezu vollständige Datenerfassung über ein standardisiertes Formular.[1]

Die TED-Datenbank ist aufgrund ihrer einzigartigen Einblicke ein geeignetes Mittel, um die gewünschte Versachlichung der Diskussion um Rüstungsbeschaffung zu ermöglichen. Die TED-Daten werden dazu in der Folge auf drei Vergleichsbasen ausgewertet:

  • Zum ersten werden Beschaffungen im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich mit anderen öffentlichen Aufträgen verglichen. Damit kann geprüft werden, ob die Spezifika von Rüstungsvorhaben Auswirkungen auf das Beschaffungsverhalten haben.
  • Zum zweiten lässt sich mit der TED-Datenbank ein internationaler (europäischer) Vergleich erstellen. Dies ist sinnvoll, um festzustellen, ob es spezifische Werte für Deutschland und damit für die Bundeswehr gibt, da der Regulierungsrahmen prinzipiell europaweit identisch ist, lediglich national unterschiedlich umgesetzt wurde.
  • Zum dritten werden – wo sinnvoll – Zeitreihenanalysen herangezogen. Diese prüfen, ob sich im Zeitablauf Veränderungen im Beschaffungsverhalten ergeben.

Die Abgrenzung der Verteidigungs- und sicherheitsrelevanten Beschaffungen von (allen) anderen öffentlichen Vergaben erfolgt auf Basis der europaweit einheitlichen vergaberechtlichen Regulierungen. Dies ist in erster Linie die Richtlinie 2009/81/EG zu Verfahren für Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit. In Deutschland wurde sie in der Vergabeverordnung für die Bereiche Verteidigung und Sicherheit (VSVgV) umgesetzt.

Für die nachfolgenden Auswertungen werden ausschließlich Bekanntmachungen zur Auftragsvergabe (CAN) herangezogen. Dabei kommen nur die Datensätze zum Einsatz, die nach der CPV-Code Klassifizierung (Common Procurement Vocabulary) als Beschaffungsobjekt in den Bereich “Verteidigung und Sicherheit“ fallen und die nach der Klassifizierung der NUTS-Codes (Nomenclature des unités territoriales statistiques) ausschließlich Länder der Europäischen Union betreffen. Die hier vorliegenden Auswertungen beziehen sich außerdem auf die jährlichen Daten, die vom elektronischen Amtsblatt der europäischen Union als CSV-Dateien (Comma Separated Values) im UTF8-Format (Unicode Transformation Format) bereitgestellt werden. Nachdem zahlreiche Werte in den CSV Daten als „Missing Values“ eingestuft werden müssen, beziehen sich die hier dargestellten Analysen immer auf die Datensätze, die entsprechend vollständige Einblicke erlauben.

 

2.         Analyseergebnisse in den Dimensionen Markt und Strategie

2.1       Auftraggeber und Auftragsgegenstände im Bereich Verteidigung und Sicherheit

Die erste Analysedimension betrifft die Frage, welche Produkte bzw. welche Leistungen von welchen Auftraggebern vergeben werden („wer vergibt was“-Frage). Insgesamt enthält die TED-Datenbank für 2017 204.984 Vergabebekanntmachungen (CAN), davon sind „lediglich“ 1.030 im Bereich Verteidigung und Sicherheit. Allerdings ist ihre Zahl von 2009 bis 2017 um 16% gestiegen, während die Gesamtheit nur um 5% wuchs. Deutschland spielt dabei eine wichtige Rolle, insgesamt sind deutsche Auftraggeber für 23% aller Bekanntmachungen von 2009 bis 2017 verantwortlich. Dies entspricht einer Anzahl von 1.385 und ist damit fast doppelt so hoch wie die Zahl des zweitplatzierten Landes Polen (725) und weit mehr als bspw. Frankreich (683) oder das Vereinigte Königreich (438).

Verteidigungs- und Sicherheitsvergaben umfassen neben militärischen auch andere sicherheitsrelevante Bereiche wie bspw. die Polizei. Tatsächlich verantwortet die Bundeswehr bzw. mit ihr verbundene Auftraggeber fast 2/3 aller VSVgV-Vergaben aus Deutschland in den Jahren 2009 bis 2017. Das BAAINBw zeichnet für 28%, die HIL Heeresinstandsetzungslogistik GmbH für 20%, das Marinearsenal für 11% und die Bw Bekleidungsmanagement GmbH für 4% aller Bekanntmachungen verantwortlich. Das Beschaffungssystem der Bundeswehr ist somit weit umfassender als ein einzelnes (Rüstungs-) Amt. Die skizzierten 1.385 VSVgV-Vergaben von 2009 bis 2017 sind dabei überwiegend Ausrüstung (54%), gefolgt von Reparatur und Wartung (22%), Bau (22%) sowie (Aus-) Bildung (2%). Bezogen auf den Wert machen Ausrüstung 58%, Reparatur und Wartung 30%, Bau 7% sowie (Aus-) Bildung 5% aus. Im Bau- und im (Aus-) Bildungsbereich fallen Anzahl und Wert der Vergaben am stärksten auseinander – dies lässt sich bspw. durch stark losgeteilte Vergaben im Bau („Gewerke“) bzw. die Schaffung integrierter Produkt-Service-Bündel in der (Aus-) Bildung (bspw. Gefechtsübungszentrum GÜZ als eine integrierte Serviceleistung eines Betreibers / Lieferanten) erklären.

 

2.2       Wettbewerb und Serviceorientierung

Rüstungsmärkte gelten als wenig wettbewerbsorientiert. Die zweite Analysedimension untersucht, welche Leistungen mit welchen Verfahren und welchen Zuschlagskriterien vergeben werden („was wird wie vergeben“-Frage). Der Großteil der deutschen Vergabeverfahren im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich wird über das offene Verfahren und das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb sehr wohl wettbewerblich ausgeschrieben. Ganz im Gegenteil zum Vereinigten Königreich, wo der Anteil der Verfahren ohne (vollständigen) Teilnahmewettbewerb (beschränkte Ausschreibung, Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb, Zuschlag ohne vorherige Veröffentlichung o.ä.) über 80% der Verfahren ausmachen. Nur in 1% der Vergabeverfahren Deutschlands wurde ein beschleunigtes Verfahren gewählt, was gemeinhin mit einem Ausschluss des Wettbewerbs einhergeht, der Anteil liegt bspw. in Italien mit 15% deutlich höher. Bei Verfahren mit losweiser Vergabe als Instrument der Mittelstandsförderung liegt Deutschland mit einem Anteil von 13% im europäischen Mittelfeld, weit über die Hälfte davon mit „nur“ zwei Losen.

Auffällig ist der im europäischen Vergleich sehr hohe Anteil an Werkverträgen, hier liegt Deutschland mit 22% aller Vergabebekanntmachungen so hoch wie in keinem anderen Land. Viele Länder schließen gar keine Werkverträge. Europaweit ist der Anteil der (Sachleistungs‑) Lieferverträge gegenüber den Dienstleistungsverträgen im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich höher, während in den allgemeinen öffentlichen Vergaben Dienstleistungen klar dominieren.

Bei den Zuschlagskriterien unterscheidet die TED-Datenbank zwischen dem Zuschlag nach bestem Preis-Leistungs-Verhältnis (sog. „Most Economic Advantageous Tender“ bzw. MEAT-Kriterium) entsprechend der Definition der Wirtschaftlichkeit bzw. des wirtschaftlichsten Angebots gem. § 97 i.V.m. § 127 (1) GWB, § 58 (1), (2) VgV, § 34 VSVgV und der „Sonderform“ der reinen Preis-Bezuschlagung. Hier zeigen sich wesentliche Unterschiede im europäischen Vergleich. Deutschland ist – neben Polen mit vergleichbaren Zahlen und Rumänien mit fast 90% rein preisbasierter Vergaben – eines der Länder, das am stärksten auf eine Vergabe alleine auf Basis des Zuschlagskriteriums Preis setzt (53% aller Vergaben). Eine Ausnahme bilden lediglich Dienstleistungen, welche zu 62% auf Basis des MEAT-Wirtschaftlichkeitskriteriums ausgeschrieben und dann auch bezuschlagt werden.

Betrachtet man die Lieferantenseite, dann zeigt sich, dass in Deutschland die durchschnittliche Zahl der Angebote im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich von knapp über sieben in 2009 bis auf knapp unter 2 in 2017 zurückgegangen ist. Die durchschnittliche Zahl der Angebote in diesem Zeitraum liegt bei 3,64 und ist damit bspw. mit dem Vereinigten Königreich vergleichbar (3,81). Mit dieser eher bescheidenen und rückläufigen Bieterzahl machen Verteidigungs- und Sicherheitsvergaben in Europa keine Ausnahme gegenüber den allgemeinen öffentlichen Vergaben: Nach Angaben der Europäischen Kommission ist die Zahl der Ausschreibungen, bei denen nur ein Angebot eingegangen ist, von 2006 bis 2016 von 17% auf 30% gestiegen, gleichzeitig ging die durchschnittliche Angebotszahl von fünf auf drei zurück.[2]

 

3.         Schlussfolgerungen

Die Datenanalyse lässt unterschiedliche Interpretationen zu, einige Schlussfolgerungen lassen sich ziehen:

  • Die relativ hohe Zahl deutscher Bekanntmachungen (Abschnitt 2.1) führt zuvorderst zu einer hohen (Arbeits-) Belastung der Beschaffungsorganisation(en), da im Prinzip jedes Vergabeverfahren zu durchaus relevanten Prozessaufwendungen führt bzw. führen kann.[3] Positiv formuliert setzt Deutschland die Richtlinie konsequent um bzw. führt schlichtweg viele Verfahren durch. Umgekehrt kann man aus dieser Zahl herauslesen, dass Deutschland die Möglichkeiten von Rahmenvereinbarungen und/oder Bedarfsbündelungen und/oder die Vergabe integrierter Produkt-Service-Systeme (noch) nicht konsequent nutzt. So lag das durchschnittliche Volumen pro Vergabe in 2017 für Deutschland bei 2,8 Mio. €, im Vereinigten Königreich bei 18,6 Mio. € und in Frankreich gar bei 75,8 Mio. €. In der Konsequenz führt das zu deutlich höheren Aufwendungen im eigentlichen Kern-Vergabeverfahren, da dieses weitgehend reguliert ist und die Prozessaufwendungen (relativ) unabhängig vom Auftragsvolumen entstehen. Es entsteht eine Gefahr der Überlastung durch die Zahl der Verfahren, während für die wichtigen und weitgehend regulierungsfreien Phasen des Beschaffungsprozesses vor der eigentlichen Vergabe, das Bedarfsmanagement und die Beschaffungsmarktforschung / Markterkundung zu wenig Ressourcen zur Verfügung stehen.
  • Eine Form der „Zersplitterung“ ist auch bei den Beschaffungsobjekten festzustellen, wenn bspw. im Baubereich sehr viele Vergaben (22% Anteil) nur ein relativ kleines Volumen (7%) abdecken und die Vergaben der Bundeswehr weitestgehend auf vier große Institutionen aufgeteilt sind.
  • Es ist ein Mythos, dass der Sicherheits- und Verteidigungsbereich nicht wettbewerbsorientiert gestaltet werden kann. Deutschland ist diesbezüglich fast vorbildlich im internationalen Vergleich. Europaweit gibt es kein Land, in dem der Anteil von wettbewerbsorientierten Verfahren so groß ist. Leider korrespondiert die Zahl der Angebote nicht, im Gegenteil: Diese ist rückläufig und derzeit auf niedrigem Niveau. Öffentliche Auftraggeber – und damit auch Auftraggeber im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich - sollten Anstrengungen unternehmen, ihre Attraktivität für leistungsfähige Lieferanten zu erhöhen (sog. „Public Customer Attractiveness“).[4] Parallel führt sicherlich auch die Konsolidierung der europäischen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie zu einem Rückgang potentieller Bieter.
  • Die ungleiche Verteilung der Verfahrensarten innerhalb der EU zeigt, dass der Weg zu einer einheitlichen Rüstungs(beschaffungs)politik noch weit ist. Gleichzeitig wäre zu prüfen, ob die Umstellung vom „klassischen“ Rüstungskauf hin zu ergebnisorientierten Verfügbarkeits- und damit zu Dienstleistungsverträgen („Performance Based Contracting) ein Ansatzpunkt sein könnte, Lieferanten stärker in die Verantwortung zu nehmen und das Leistungsergebnis (bspw. Verfügbarkeit) stärker in den Mittelpunkt der Beschaffung zu stellen.
  • Mit ergebnisbasierten Verträgen rückt zudem die Leistungsseite der Wirtschaftlichkeit bei Vergaben im Sicherheits- und Verteidigungsbereich stärker in den Fokus. Tatsächlich ist Deutschland hier im europäischen Vergleich eines der Länder, das den Preis bzw. die Kosten gegenüber der Leistung als Zuschlagskriterium sehr stark in den Mittelpunkt stellt. Dies gilt in Deutschland zwar generell bei öffentlichen Aufträgen und ist kein Spezifikum im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich. Will man jedoch tatsächlich die beste Ausrüstung für die Bundeswehr realisieren, müsste auch in den Vergabeverfahren ein Wandel vom Preis- zum Qualitätswettbewerb stattfinden. Der Normgeber nennt in der VSVgV beispielhaft eine Vielzahl von leistungsorientierten Zuschlagskriterien wie Qualität, technischer Wert, Kundendienst und technische Hilfe, Interoperabilität und Eigenschaften beim Einsatz, Umwelteigenschaften, Lieferfrist oder Ausführungsdauer und Versorgungssicherheit (§ 34 (2) VSVgV).

 

 

[1]     Kritische Anmerkungen zur Datenqualität der TED-Daten finden sich bei Europäische Kommission (2019), S. 2 f., weshalb in diesem Fall weitere Verfahren zur Datenvalidierung und Datenbereinigung zum Einsatz kamen. Vgl. Europäische Kommission (2019), TED CSV Open Data Notes & Codebook, Version 3.2, o.O. 2019.

[2]     Vgl. Europäische Kommission (2017), Eine funktionierende öffentliche Auftragsvergabe in und für Europa, Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, COM(2017) 572 final, Straßburg 2017, S. 6.

[3]     So ermittelten Ramboll Management et al. (2008, S. 8) bereits vor mehr als 10 Jahren Prozesskosten für die Vergabe öffentlicher Aufträge in Deutschland in Höhe von 19 Mrd. € p.a. Vgl. Ramboll Management / Institut für Mittelstandsforschung Bonn / Leinemann & Partner Rechtsanwälte (2008), Kostenmessung der Prozesse öffentlicher Liefer-, Dienstleistungs- und Bauaufträge aus Sicht der Wirtschaft und der öffentlichen Auftraggeber, Berlin 2008.

[4]     Vgl. Eßig, M./Amann, M. (2014), Public Customer Attractiveness: Ist die öffentliche Hand ein attraktiver Auftraggeber?, in: Supply Chain Management, Jg. 14 (2014), Nr. 1 ,S. 7-13.