23. Mai 2020
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Eva Högl zur neuen Wehrbeauftragten gewählt

Der Deutsche Bundestag hat Eva Högl als Neue Wehrbeauftragte gewählt - unser Beitrag dazu...

Das Amt

Der Deutsche Bundestag hat Eva Högl als Neue Wehrbeauftragte gewählt.

Das war ja ein Possenspiel!  Und: Die Wehrbeauftragte ist doch für uns zivile Beschäftigte eigentlich gar nicht zuständig!

So oder ähnlich werden viele Mitglieder des VBB beim Lesen dieser Zeilen denken. Stimmt. Beides.

Die Wehrbeauftragte ist oder – wie es „das Gesetz über den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages“ zum Ziel hat, „Anwältin der Soldatinnen und Soldaten“. Jeder aus der Truppe, ob freiwillig Wehrdienstleistender oder hoher Offizier, kann sich direkt, ohne Einhaltung des Dienstweges, mit Beschwerden, Vorschlägen und anderen Anliegen an (jetzt) sie wenden.

Was also geht das den VBB an?

Ganz einfach. Wir, die zivilen Kolleginnen und Kollegen der Bundeswehr sind nicht einfach Angehörige irgendeiner Verwaltung, sondern der Bundeswehrverwaltung. Und Tausende von uns leisten auch in den Streitkräften, also „der Truppe“ selbst und im Ministerium ihren Dienst. Wir arbeiten nicht nur für die Streitkräfte, sondern persönlich Seite an Seite mit den Soldatinnen und Soldaten, oft am gleichen Thema und im gemeinsamen Büro (hoffentlich bald wieder). Ganz abgesehen davon haben viele von uns selbst „gedient“, waren also Soldatin oder Soldat. Denken wir auch an mehrere Tausend von uns, die irgendwo auf der Welt, auch für Einsätze in Mali oder Afghanistan, viele mehr als einmal, die „Uniform“ wieder gewechselt und mit den Kameradinnen und Kameraden auch das Risiko des Soldatenberufs geteilt haben.  

Es bedeutet auch: Für viele Kolleginnen und Kollegen im „Friedensbetrieb“ ist die Bearbeitung von Wehrbeauftragten-Angelegenheiten Alltag und kraft eigener Erfahrungen ohne „Google mil.“  zu beantworten.

Unser Beitrag

zum Auftrag der Bundeswehr und zur Fürsorge der Soldatinnen und Soldaten wird häufig unterschätzt, auch von der Politik. Wenn es darum geht, die Fürsorge für Soldatinnen und Soldaten zu verbessern oder „Mängel abzustellen“, wie es militärisch heißen könnte, leisten - eher leise und im Hintergrund - zivile Kolleginnen und Kollegen ihren wertvollen und unverzichtbaren Beitrag. Das ist selbstverständlicher Teil unserer Aufgabe als zivile Beschäftigte in der Bundeswehr. Es ist halt nicht einfach ein „Job“ in einer Verwaltung, sondern eng verknüpft mit dem schwierigen Auftrag der Streitkräfte.

 

Aber zuständig ist der „WB“ für uns nicht!

Richtig. Es soll aber schon zivile Kollegen gegeben haben, die sich beim Wehrbeauftragten beschwert haben. Vielleicht, weil man ihn als „Anwalt der Bundeswehr“ wahrnimmt. Für unsere „Beschwerden“ ist der Wehrbeauftragte zwar nicht zuständig. Dahinter – auch beim Bundesvertretertag 2019 diskutiert - steckt aber offenbar der Wunsch, auch auf ziviler Seite eine solche Institution als „Ansprechpartner“ außerhalb der Hierarchie zu haben. Das sagt nicht zuletzt etwas über das Ansehen des Amtes, dass sich die bisherigen Wehrbeauftragten über die Jahre in der gesamten Bundeswehr erarbeitet haben, aus. Im Übrigen: Den Wehrbeauftragten hindert nichts daran, diesen „Beschwerden“ im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags nachzugehen, wenn sich daraus auch auf Missstände in der Truppe schließen lässt.

Der deutsche „Wehrbeauftragte“ ist tatsächlich eine rechtsstaatliche Erfolgsgeschichte. Der mangels besserer Vorbilder mit „Ombudsman“ oder „parlamentary commissioner for the armed forces“  übersetzte Wehrbeauftragte ist immer wieder Vortragsthema (auch ziviler!) Kolleginnen und Kollegen bei Besuchen ausländischer Delegationen (auch Stichworte wie Vertrauensperson der Soldaten oder auch Mitbestimmung von Soldatinnen und Soldaten durch und in Personalräten fallen in diesem Zusammenhang). Dieses „demokratische Paket“ für unsere Soldaten löst bei den Gästen nicht selten Erstaunen aus.

Also: Ja. Deswegen geht es auch uns „Zivile“ etwas an, wenn das Amt in die Schlagzeilen gerät:

Wenn der Wechsel der Amtsträger mit Missstönen einhergeht, wie dies von Hans-Peter Bartels zu Eva Högl der Fall war, trifft das die Bundeswehr insgesamt. Es waren zwar wohl parteipolitische Querelen, die eine zweite Amtszeit des in der Truppe anerkannten bisherigen Wehrbeauftragten verhinderten; die damit verbundene mediale Häme wurde aber nicht selten als „mal wieder“ negative Nachricht über „die Bundeswehr“ empfunden: Wenn offensichtliche Politikarithmetik und nicht die Fachlichkeit solche Entscheidungen bestimmt, ist doch nur nachvollziehbar, dass Angehörige der Bundeswehr die geringe Wertigkeit bestätigt sehen, die Politik dem Auftrag der Bundeswehr entgegenbringt.

Und außerhalb des Protokolls, aber lieb gemeint:

Da liegt schnell auch die Vermutung nahe, dass es nicht darum ging, den „besten Anwalt“ als Verteidiger für „die Verteidiger“ zu finden, sondern nur die eigenen Pfründe zu „verteidigen“. Da helfen auch „Verteidigungsreden“ nicht. Weder mit Stahlhelm noch mit Mütze(nich).

Zumindest ist in Zeiten, in denen ein kleiner Virus droht, unser Leben und unseren Wohlstand wie in einem Krieg (jedenfalls in Frankreich, n’est pas, monsieur le président?) zu gefährden, ist bei solchen Scharmütze(l)n doch eher wohlwollende Milde, in staatsbürgerlicher Räson, angezeigt- und ein wenig Wortspielerei bei dieser Steilvorlage der Politik sei uns verziehen. Ende der Posse.

 

Nun ist Eva Högl im Amt. Und damit gilt die Loyalität der Bundeswehr ihr. Selbstverständlich.

So wie es aussieht, hatte die Bundeswehr Glück gehabt. Dem Vernehmen nach ist Frau Högl eine erfolgreiche Innenpolitikerin, der allseits großes Durchsetzungsvermögen und Engagement bescheinigt wird. Als ehemaliger Verwaltungsbeamtin und Juristin sind ihr zudem gesetzliche Rahmenbedingungen, innere Spielregeln von Behördenstrukturen und Hierarchien wohlvertraut. Man darf zuversichtlich sein, dass sie zügig in ihr Amt hineinwächst, die Probleme der Truppe schnell erfasst und sich dabei kein „X“ für ein „U“ vormachen lässt.

Was darüber hinaus hoffnungsfroh stimmt: Im Gegensatz zur ersten weiblichen Wehrbeauftragten, Claire Marienfeld (1995-2000), gab es hierüber diesmal keine Empörung oder „Befremden“, weder in der Bundeswehr noch medial. Das Thema „Frau“ war schlicht kein Thema. Offensichtlich hat sich, in der Öffentlichkeit eher unbemerkt, auch in der Bundeswehr leise, aber stetig, ein anderes Rollenverständnis im Sinne der Gleichstellung entwickelt. Die vollständige Öffnung der Truppe für Soldatinnen hat da offensichtlich ihre positive Wirkung nicht verfehlt.  Und die Medien sehen darin keine Schlagzeile mehr. Gut so!

Nur am Rande: Im zivilen Bereich sind die Frauen in der Bundeswehr inzwischen ziemlich gut aufgestellt und bekleiden herausragende Führungspositionen.

Und was die „fehlende Fachlichkeit“ angeht: Von den bisherigen 12 Wehrbeauftragten hatten bisher auch nur zwei als Wehrpflichtige gedient. So ein unverstellter Blick von außen kann auch hilfreich sein.

Der Verband der Beamten und Beschäftigten der Bundeswehr (VBB) wünscht der neuen Wehrbeauftragten jedenfalls für ihr wichtiges Amt viel Erfolg und Fortune!

Wir stehen für ein offenes Wort zur Verfügung. Und mit Rat und Tat zur Seite, flächendeckend vernetzt in der gesamten Bundeswehr und dem Ministerium, mit Fachleuten in allen Bereichen.

 

P.S :

Mal ehrlich: So ein wenig ist diese Glosse zur Posse ja auch an die Wehrbeauftragte selbst gerichtet:

Also vielleicht doch dann gleich jetzt schon ein hilfreicher Tipp für Sie, sehr geehrte Frau Högl:

Ihr Amtsvorgänger, wie auch der Generalinspekteur, haben zu Recht immer wieder „überbordende Bürokratie“ als Belastung für die Truppe angeprangert. Unsere Bitte: Dabei bitte nicht mit dem Finger auf die Bundeswehrverwaltung zeigen oder zeigen lassen! Wir sind nicht das Synonym für Bürokratie.

Lieber mal prüfen, was davon selbst gemachte, manchmal bis zum Anschlag durchformalisierte, vom Recht nicht geforderte „Truppenlösung“ oder einfach von der Politik oder Vorgesetzten übergestülpter Aktionismus ist. Gerne genommen: Im vorauseilenden Gehorsam vermeintlich „notwendige“ weil „vielleicht ja doch demnächst von oben“ „gewünschte“ Konzepte, Berichte und Zahlen zu fordern. Das Ganze erinnert zuweilen an Selbstbeschäftigung ohne Mehrwert, um mühevoll ein sachliches Bild zu wählen. Wie ein „Hartkeks“ im EPA. Daran knabbern Truppe wie Verwaltung gleichermaßen ewig rum- mit eingeschränktem Nährwert. Der Keks ist heutzutage tatsächlich besser, sorry!

Der „Beamtenapparat“ ist in der Realität eher selten Verursacher von Bürokratie. Und hätte es selbst auch gerne einfacher, zielführender und motivierender, für Truppe und Verwaltung. Verwaltung muß nur zu oft schlechte Regeln anwenden. Da ist auch der Gesetzgeber gefragt. Und die deutsche Stimme in Brüssel.

Ganz wichtig: Das Thema „nicht mit dem Finger auf die Verwaltung zeigen“ gilt auch für die Beschaffung. Ja, ja, da sind wir auch egoistisch: Wenn Sie in Ihrer Amtszeit wie wir auch wirklich weitere gute Fortschritte bei der Ausrüstung für die Soldatinnen und Soldaten (und bitte auch bei der IT für Alle!) erreichen wollen, geht das besser nur mit uns „Zivilen“. Man nennt es neumodisch auch “win-win“. Nur dann ist neumodisch auch gut!

Daher unser Tipp: Wenn Sie ein wirklich vollständiges Bild brauchen: Wir stehen bereit. Ihr VBB !