12. Juli 2020
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Informationen zum Schwerbehindertenausweis

Circa 10 % der Beamten und Beschäftigten im Bereich des BMVg sind von einer Schwerbehinderung in den verschiedensten Ausprägungen betroffen. Aber wann hat man Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis und was bringt er?

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitglieder,                                 

ich möchte als Bundesschwerbehindertenvertreter im VBB Sie zum Thema Schwerbehindertenausweis informieren.

An dieser Stelle möchte ich den Bereichsschwerbehindertenvertreterinen im VBB Christina Heisters (Bereich 8), Verena Herbst (Bereich 9) und dem Bereichsschwerbehindertenvertreter im VBB Sebastian Kreutz (Bereich 4) für ihre Unterstützung bei der Verfassung dieses Beitrages zum Thema Schwerbehindertenausweis danken.

Circa 10 % der Beamten und Beschäftigten im Bereich des BMVg sind von einer Schwerbehinderung in den verschiedensten Ausprägungen betroffen. Dies betrifft auch unsere Kolleginnen und Kollegen in Pension oder in Rente. Sie selbst oder ihre Kollegin oder Kollege können hiervon betroffen sein. Nicht immer ist die Behinderung offensichtlich. Die besonderen Bedürfnisse von behinderten Menschen zu berücksichtigen ist auch ein Anliegen des VBB.

Der Grad der Behinderung dient als Maß für die Schwere der körperlichen, geistigen oder seelischen Einschränkungen und deren Auswirkungen in den verschiedenen Bereichen des Lebens. Er besagt nichts über die Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz oder im privaten Bereich und ist unabhängig vom ausgeübten oder angestrebten Beruf.

  

Bereits in der Ausgabe unserer Verbandszeitung Januar/Februar 2020 hatte ich auf der Seite 12, unter Informationen zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes, Erläuterungen zur „Behinderung / Schwerbehinderung / Gleichstellung“ den § 2 Sozialgesetzbuch 9 (SGB IX) angeführt. Das SGB IX hat den Zweck, behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen bezüglich ihrer Selbstbestimmung und ihrer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern und Benachteiligungen zu vermeiden beziehungsweise entgegenzuwirken.

  

Wer hat Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis? Wozu nützt er? Wie wird dieser Ausweis beantragt?

Der Besitz eines Schwerbehindertenausweises umfasst  einige Rechte und Nachteilsausgleiche. Der Ausweis kann verschiedene Merkzeichen enthalten, je nach Art der Einschränkung. Nachteilsausgleiche können beispielsweise steuerliche Ausgleiche, freie Fahrten im öffentlichen Nahverkehr und mehr sein. Die Rechte und Nachteilsausgleiche, die schwerbehinderten Menschen zustehen, ergeben sich nicht nur aus dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX), sondern auch aus vielen anderen Vorschriften, wie zum Beispiel dem Steuerrecht. Nachteilsausgleiche werden in Form von Schutzrechten und Leistungsansprüchen gewährt. Sie haben den Zweck, berufliche, wirtschaftliche und soziale Nachteile, die jemand durch seine Behinderung erleidet, auszugleichen. Als Nachweis der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch dient der Schwerbehindertenausweis und nicht der Feststellungsbescheid.

Weitere umfangreiche Informationen werden auch in den jeweiligen Bundesländern bereitgestellt.

Zum Beispiel:

-       Behinderung und Ausweis, Anträge, Verfahren bei den Kreisen und kreisfreien Städten. (Herausgeber: Landschaftsverband Westfalen-LippeLWL - Integrationsamt Westfalen 48133 Münster - Landschaftsverband Westfalen-Lippe, LWL-Integrationsamt Westfalen)

Internetseite: www.lvr.de/de/nav_main/metanavigation_5/nav_meta/service/publikationen_4/detailseite_publikationen_493.jsp

-       Feststellungsverfahren/Grad der Behinderung/Schwerbehindertenausweis in Rheinland-Pfalz

Internetseite: https://lsjv.rlp.de/de/unsere-aufgaben/menschen-mit-behinderungen/

 

Wer hat Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis?

Die Rechtsgrundlage ist der § 2 SGB IX (Neuntes Sozialgesetzbuch) in Verbindung

mit § 152 SGB IX. Der Antrag und das Verfahren sind für die Antragsteller kostenfrei.

Eine Behinderung ab einem GdB von 50 gilt als Schwerbehinderung. In diesem Fall kann ein Schwerbehindertenausweis beantragt werden, in den der GdB und gegebenenfalls die entsprechenden Merkzeichen eingetragen werden.

Menschen mit Behinderung haben Anspruch auf bestimmte Nachteilsausgleiche. Diese sind abhängig von der Art der Behinderung, aber auch vom Grad der Behinderung (GdB). Für schwerbehinderte Menschen - ab einem GdB von 50 - gelten zum Beispiel besondere Regelungen beim Kündigungsschutz.

Menschen, die einen GdB von mindestens 30 haben, können schwerbehinderten Menschen unter bestimmten Voraussetzungen gleichgestellt werden und dann auch Anspruch auf bestimmte Nachteilsausgleiche haben.

Auch die steuerlichen Freibeträge für Menschen mit Behinderung sind von der Höhe des GdB abhängig.

Bei einer Behinderung mit einem GdB von 20 oder kleiner besteht kein besonderer rechtlicher Schutz.

 

Wann soll ein Antrag auf Schwerbehindertenausweis gestellt werden?

Der beste Zeitpunkt für eine Antragstellung ist dann, wenn feststeht, dass man mit einer dauerhaften Behinderung, Einschränkung, Schädigung oder Erkrankung konfrontiert ist. In diesem Fall sollten sofort, gegebenenfalls durch einen Bevollmächtigten, der Antrag auf Zuerkennung eines GdB und auf Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises gestellt werden. Grundsätzlich wird der GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung festgestellt.

 

Wie wird dieser Ausweis beantragt?

Wer den Grad der Behinderung feststellen lassen möchte oder einen Schwerbehindertenausweis beantragen will, der muss sich an das Versorgungsamt, das Landratsamt, oder das Amt für soziale Angelegenheiten des jeweiligen Regierungsbezirks seines Bundeslandes wenden. Je nachdem, ob Sie den Schwerbehindertenausweis beispielsweise in Rheinland-Pfalz, Bayern, Nordrhein-Westfalen oder Brandenburg beantragen möchten, sind andere Behörden zuständig.

Jedes Bundesland hat seine eigenen Anträge à anderes Bundesland à anderer Antrag auf Feststellung der Behinderung.

In einigen der 16 Bundesländer kann der Schwerbehindertenausweis auch online (elektronisch) beantragt werden. Informationen und Antragsformulare sind in den jeweiligen Bundesländern und eingerichteten Internetseiten verfügbar.

Beispielhaft:

-       rp.baden-wuerttemberg.de/Themen/Soziales/Seiten/Landesversorgungsamt.aspx

-       www.zbfs.bayern.de/menschen-behinderung/ausweis/antrag/index.php

-       rp-giessen.hessen.de/schwerbehindertenrecht-antr%C3%A4ge-und-infomaterial

-       lsjv.rlp.de/de/buergerportaleservice/downloads/menschen-mit-behinderungen/

-       lvwa.sachsen-anhalt.de/das-lvwa/soziales/schwerbehindertenrecht/antragsformulare/

In dem Antrag sollten Sie alle Einschränkungen und Beschwerden ausführlich darlegen.  Das Versorgungsamt setzt sich nach Eingang des Antrags mit den behandelnden Ärzten in Verbindung und fordert zusätzliche Unterlagen und Gutachten an. Es empfiehlt sich, die betreffenden Ärzte vorab über die Beantragung eines Schwerbehindertenausweises zu informieren.

Nicht verwechseln sollten die Betroffenen die Erwartung bei einer Erwerbsminderungsrente. Der zum Beispiel festgestellte GdB von 50 ist kein Bewertungskriterium einer Erwerbsminderungsrente, sondern nur ein Anhaltspunkt.

 

Der Feststellungsbescheid ist eine Quelle an Informationen, dem ein Antrag auf Schwerbehinderung zugrundeliegt.

Wenn mehrere Behinderungen festgestellt werden, wird ein Gesamt-GdB gebildet.

Außerdem wird hier festgehalten, welche gesundheitlichen Voraussetzungen für welche speziellen Merkzeichen vorhanden sind, damit der Ausweis entsprechend ausgestellt werden kann.

Ebenso findet man in dem Feststellungsbescheid auch eine Begründung beziehungsweise Erklärung der vorliegenden Behinderung.

Der Feststellungsbescheid dient vordergründig der eigenen Information.

Auch der Gültigkeitsbeginn des Schwerbehindertenausweises beziehungsweise der Gültigkeitszeitraum ist in dem Feststellungsbescheid angegeben.

Der Ausweis ist in der Regel für eine Dauer von fünf Jahren gültig. Der Feststellungsbescheid verliert hingegen nie seine Gültigkeit, es sei denn, die Umstände des Antragsstellers haben sich verändert und es wird ein entsprechender neuer Feststellungsbescheid erteilt.  Außerdem kann ein erneuter Antrag gestellt werden, wenn sich der gesundheitliche Zustand des Menschen mit Behinderung verschlechtert. Aber Achtung, es gibt keine Besitzstandswahrung beim GdB. Es wird immer eine neue Gesamtbewertung, unter Berücksichtigung des zum Zeitpunkt der Bewertung gültigen Versorgungsmedizinkatalogs vorgenommen. So kann es auch zu einer Verringerung des bereits zuerkannten GdB kommen.

Deswegen ist vorher zu prüfen, aus welchen Gründen ein solcher Antrag gestellt wird.

  

Der Feststellungsbescheid erfüllt folgende Zwecke:

·         falls ein GdB von mindestens 50 vorliegt, ist er Grundlage zur Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises

·         als Information für den Antragssteller

·         falls ein Antrag auf Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen bei der Bundesagentur für Arbeit eingereicht werden soll (Voraussetzung ist ein GdB 30 oder 40)

 

Es gibt jedoch auch negative Bescheide. So erhält man einen Ablehnungsbescheid, falls der GdB 20 oder kleiner ist und die Feststellung auf einen Grad der Behinderung abgelehnt wird. Oder aber, wenn eine Erhöhung des vorliegenden GdB beantragt und abgewiesen wurde.

Feststellungs- und Ablehnungsbescheid haben jedoch gemeinsam, dass sie eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten. Diese klärt darüber auf, wie gegen den vorliegenden Bescheid Widerspruch erhoben werden kann. Dies könnte notwendig sein, wenn der GdB oder die festgestellte Behinderung dem Zustand des Antragsstellers nicht entspricht.

Der Antragsteller hat hierzu einen Monat Zeit - zunächst reicht ein formloses Schreiben meist aus. Spätestens im Anschluss sollte man sich jedoch Unterstützung beim Widerspruch holen, denn im nächsten Gang könnte es bis vor das Sozialgericht gehen.

Für den Dienstherrn oder Arbeitgeber ist lediglich das Vorhandensein eines Schwerbehindertenausweises erforderlich. Ein behinderter Mensch ist nicht verpflichtet, den Feststellungsbescheid mit all seinen ausführlichen Informationen, unter anderem auch der medizinischen Diagnose, dem Dienstherrn oder Arbeitgeber vorzulegen.

Die Zusendung eines Feststellungsbescheides bedeutet nicht, dass nun automatisch alle Nachteilsausgleiche wie zum Beispiel Blindengeld, Wohngeld, Steuerfreibeträge, Freifahrten ÖPNV, Rundfunkgebührenermäßigung und dergleichen genehmigt sind. Diese entsprechenden Leistungen müssen vielmehr noch extra beantragt werden.

 

Gültigkeitsdauer

Der Ausweis wird in der Regel für längstens 5 Jahre ausgestellt.

·         Ausnahme: Bei einer voraussichtlich lebenslangen Behinderung kann der Ausweis unbefristet ausgestellt werden.

·         Verlängerung: Die Gültigkeit kann auf Antrag höchstens zweimal verlängert werden. Danach muss ein neuer Ausweis beantragt werden.

·         Bei schwerbehinderten Kindern unter 10 Jahren ist der Ausweis bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres befristet. Danach werden die Voraussetzungen der Schwerbehinderung neu überprüft.

·         Bei schwerbehinderten Kindern und Jugendlichen zwischen 10 und 15 Jahren ist der Ausweis bis zur Vollendung des 20. Lebensjahres befristet. Danach werden die Voraussetzungen der Schwerbehinderung neu überprüft.

 

Merkzeichen

Verschiedene Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis kennzeichnen die Behinderung und signalisieren, welche Vergünstigungen der schwerbehinderte Mensch erhält. Es gibt folgende Merkzeichen:

G — Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit

aG — Außergewöhnliche Gehbehinderung

H — Hilflosigkeit

Bl — Blindheit

Gl — Gehörlosigkeit

TBl — Taubblindheit

B — Begleitperson

1 Kl — 1. Klasse

RF — Rundfunk/Fernsehen Befreiung Ermäßigung

 

Kriegsbeschädigt

EB — Entschädigungsberechtigt

VB — Versorgungsberechtigt

 

Weitere Merkzeichen nach Landesrecht

HS — Hochgradig Sehbehindert (Mecklenburg-Vorpommern)

T — Teilnahmeberechtigung am Sonderfahrdienst (Berlin)

 

Der neue Schwerbehindertenausweis im Scheckkartenformat (Einführung ab 2013) ist für behinderte Menschen deutlich benutzerfreundlicher als das „alte“ Dokument.

  

Im Geschäftsbereich des BMVg werden die gesetzlichen Vorgaben und Regelungen für schwerbehinderte Menschen weiter konkretisiert und darüber hinaus weitergehende Verfahrensvorschriften geschaffen. Mit der  zentralen Dienstvorschrift (A-1473/3) „Inklusion schwerbehinderter Menschen„ werden umfangreich Menschen mit Behinderung in die tägliche Arbeit und Handeln im Bereich des BMVg eingebunden.

Diese überarbeitete zentrale Dienstvorschrift ist seit dem 01.01.2020 gültig. Neue Vorgaben, erforderliche Änderungen und Anpassungen des Schwerbehindertenrechts wurden hier eingearbeitet. Diese zentrale Dienstvorschrift ist für alle Dienststellen im Geschäftsbereich des BMVg im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit verpflichtende Regelung.

Schwerbehinderte Menschen sollen umfassend  am Dienstgeschehen, Arbeitsleben und Leben in der Gesellschaft teilhaben können.

  

Ich verbleibe mit herzlichen Grüßen

Gerhard Bernahrndt

Bundesschwerbehindertenvertreter