20. Dezember 2022
Auf Facebook teilenAuf Twitter weitersagenArtikel versenden

Zeiterfassung nach dem lang erwarteten Urteil des Bundesarbeitsgerichts

Im September 2022 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) eine wegweisende Entscheidung zur (elektronischen) Arbeitszeiterfassung gefällt, welche seitdem intensiv diskutiert wird. Nun hat das Gericht seine Entscheidungsgründe veröffentlicht und damit mehr Klarheit geschaffen.

In seiner Entscheidung (BAG, Beschluss v. 13.09.2022, Az.: 1 ABR 22/21) hält das Gericht klar fest:

„Arbeitgeber sind nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer zu erfassen, (…)“

Der Europäische Gerichtshof hatte bereits 2019 entscheiden, dass alle Mitgliedstaaten die Arbeitgeber ihres Landes dazu verpflichten müssen, ein objektives, verlässliches und zugängliches Arbeitszeiterfassungssystem bereitzustellen, mit dem die täglich geleistete Arbeitszeit der Beschäftigten gemessen werden kann.

Alle Arbeitgeber müssen also jetzt tatsächlich ein System einführen, mit dem die täglich geleistete Arbeitszeit ihrer Mitarbeitenden erfasst werden kann. Damit ist konkret gemeint: Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit einschließlich der geleisteten Überstunden. Wie erwartet gibt es keine Verpflichtung die Arbeitszeit elektronisch zu erfassen. Dementsprechend sind weiterhin analoge Stundenzettel oder klassische Stechuhren zulässig, auch wenn die Praktikabilität heutzutage sicherlich Fragen aufwirft.

Außerdem bleibt die Vertrauensarbeit weiterhin erlaubt, wenn auch mit Einschränkungen. Mit Vertrauensarbeit ist gemeint, dass der Mitarbeitende Beginn, Ende und Aufteilung seiner vertraglich geschuldeten Arbeitszeit selbst bestimmen kann. Allerdings schreibt das Gericht fest, dass auch hier die konkreten Arbeitszeiten erfasst werden müssen.

Eine weitere Ausnahme sieht das Urteil für leitende Angestellte und Führungskräfte vor, weil die Dauer ihrer Arbeitszeit wegen besonderer Merkmale der Tätigkeit nicht bemessen oder vorherbestimmt ist.

Bisher gibt es allerdings keine konkrete gesetzliche Grundlage der Bundesregierung zur Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung. Bundesarbeitsminister Heil hat einen Gesetzesvorschlag für das erste Quartal 2023 angekündigt.

Das Bundesarbeitsgericht begründet seine Entscheidung vor allem damit, dass die geleisteten Überstunden der Arbeitnehmer sichtbar und transparent werden und damit gesetzliche Ruhe- und Höchstarbeitszeiten besser eingehalten werden.