05. Juli 2023

Fachinformation

Bundesdienstrecht: Informationen zu Ruhepausen mit Bereithaltungspflicht

Das BMI hat ein Rundschreiben zum Thema Arbeitszeitrecht und Ruhepausen mit Bereithaltungspflicht veröffentlicht. Dieses Rundschreiben beinhaltet wichtige Hinweise aufgrund aktueller Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesverwaltungsgerichts.

Hintergrund

Der EuGH hat in einem Urteil vom 9. September 2021 klargestellt, dass eine Ruhepause mit Bereithaltung als Arbeitszeit im Sinne der EU-Arbeitszeitrichtlinie (RL 2003/88/EG) angesehen werden kann. Dabei ist eine Gesamtwürdigung der relevanten Umstände erforderlich, um festzustellen, ob die Einschränkungen während der Ruhepause objektiv betrachtet erheblich sind und die freie Gestaltung der Zeit des Arbeitnehmers in nicht unerheblichem Maße einschränken. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat in zwei Urteilen vom 13. Oktober 2022, dass eine Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände notwendig ist, um festzustellen, ob Pausenzeiten mit Bereithaltungspflicht als Arbeitszeit anzusehen sind.

Zentrale Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts

Das BVerwG hat festgestellt, dass § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der Arbeitszeitverordnung (AZV) nicht mit dem unionsrechtlichen Begriffsverständnis von Arbeitszeit im Sinne der EU-Arbeitszeitrichtlinie vereinbar ist. Gemäß dieser Vorschrift können Ruhepausen mit Bereithaltungspflicht nur unter bestimmten Voraussetzungen auf die Arbeitszeit angerechnet werden. Das BVerwG hat jedoch entschieden, dass diese Regelung gegen das Unions- und Bundesrecht verstößt und deshalb außer Anwendung zu bleiben hat.

Umsetzungshinweise des BMI für den Bundesbeamtenbereich

Das BMI hat nun festgelegt, dass der Anrechnungstatbestand (gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AZV) aufgrund der genannten Rechtsprechung vorerst außer Anwendung zu bleiben hat. Es liegt nun in der Verantwortung der Dienststellen, anhand einer Gesamtwürdigung der relevanten Umstände zu prüfen, ob die während der Pausen auferlegten Einschränkungen die Möglichkeit des Beamten oder der Beamtin erheblich beschränken, die Zeit frei zu gestalten. Dabei sollen die Kriterien und Hinweise berücksichtigt werden, die durch die Rechtsprechung vorgegeben wurden.

Gemäß dem BMI-Rundschreiben sind folgende Umstände zu berücksichtigen:

  • Die Auswirkung der Reaktionsfrist
  • Die Häufigkeit möglicher Unterbrechungen der Ruhepausen
  • Die Unvorhersehbarkeit möglicher Unterbrechungen, die eine zusätzliche beschränkende Wirkung auf die Möglichkeit des Beamten oder der Beamtin haben können, die Zeit frei zu gestalten. Dadurch kann eine Ungewissheit entstehen, die zu einer ständigen Bereitschaft führt.

Darüber hinaus weist das BMI darauf hin, dass das BVerwG seit dem 6. Januar 2023 die Unions- und Rechtswidrigkeit von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AZV festgestellt hat. Dies bedeutet, dass Beamte und Beamtinnen die Anrechnung von Ruhepausen mit Bereitschaftspflicht, die nicht als Arbeitszeit anerkannt wurden, geltend machen können. Die Dienststellen sind in solchen Fällen verpflichtet, anhand der vom BVerwG aufgestellten Kriterien zu prüfen, ob der betreffende Zeitraum als Arbeitszeit zu qualifizieren ist.