Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 3. März 2025 – 2 VR 4.24
Hintergrund der Entscheidung
Mit Beschluss vom 3. März 2025 (BVerwG 2 VR 4.24) hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) festgestellt, dass die fiktive Fortschreibung dienstlicher Beurteilungen von freigestellten Beamtinnen und Beamten – etwa Gleichstellungsbeauftragten – einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage bedarf. Diese Entscheidung schließt sich der jüngeren Rechtsprechung des 1. Wehrdienstsenats des BVerwG an, der für die berufliche Förderung freigestellter oder beurlaubter Soldatinnen und Soldaten bereits eine ausdrückliche gesetzliche Regelung gefordert hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. November 2022 – 1 WB 21.21 – BVerwGE 177, 121).
Das Gericht betonte, dass die bisherige Praxis, die insbesondere auf Verwaltungsvorschriften basiert, den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG sowie des Rechtsstaatsprinzips nicht genügt. Insbesondere sei die grundlegende Systementscheidung für ein bestimmtes Fördermodell sowie die Festlegung der zentralen Kriterien für die Vergleichsgruppenbildung und die Fortschreibung der Beurteilung nicht normativ vorgeprägt.
Kernaussagen des Gerichts
Das BVerwG stellte fest, dass die fiktive Fortschreibung dienstlicher Beurteilungen von Beamtinnen und Beamten, die aufgrund ihrer Freistellung keine beurteilungsfähige Tätigkeit ausüben, nicht allein auf Verwaltungsvorschriften gestützt werden kann. Vielmehr sind die grundlegenden Vorgaben für die Erstellung solcher Beurteilungen durch Rechtsnormen zu regeln, um den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG zu genügen.
Das Gericht führte aus, dass die berufliche Förderung freigestellter Beamtinnen und Beamter einer gesetzlichen Grundlage bedarf, die die Systementscheidung für ein bestimmtes Fördermodell sowie die zentralen Kriterien für die Vergleichsgruppenbildung und die Fortschreibung der Beurteilung klar definiert. Ohne eine solche Grundlage bestehe die Gefahr, dass die Förderung freigestellter Beamtinnen und Beamter nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht und deren berufliche Entwicklung beeinträchtigt wird.
Das Gericht verwies in diesem Zusammenhang auf die Regelung des § 27b Soldatengesetz, die für freigestellte Soldatinnen und Soldaten klare Vorgaben für die Vergleichsgruppenbildung und die Fortschreibung der Beurteilung enthält. Eine vergleichbare Regelung sei auch für Beamtinnen und Beamte erforderlich, um die Gleichbehandlung und Rechtssicherheit zu gewährleisten.
Übergangsregelungen
Das BVerwG ließ die bisherige Praxis für einen Übergangszeitraum zu, um sicherzustellen, dass die berufliche Förderung freigestellter Beamtinnen und Beamter nicht vollständig unmöglich wird.
Es betonte jedoch, dass der Gesetzgeber gefordert sei, eine klare gesetzliche Grundlage zu schaffen. Ohne eine solche Regelung drohe ein Zustand, der die Verwirklichung des grundrechtsgleichen Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG gefährdet.
Auswirkungen für die Praxis
Die Entscheidung des BVerwG hat bedeutende Auswirkungen auf die Praxis der Personalführung im öffentlichen Dienst. Dienstherren und Personalverantwortliche sind angehalten, die bisherige Verwaltungspraxis zur fiktiven Fortschreibung dienstlicher Beurteilungen nur noch übergangsweise anzuwenden. Langfristig wird eine gesetzliche Regelung erforderlich sein, die die Kriterien und Verfahren für die Förderung freigestellter Beamtinnen und Beamter eindeutig festlegt.
Für Gleichstellungsbeauftragte, Personalratsmitglieder sowie vergleichbare Funktionsträgerinnen und Funktionsträger ist dies ein wichtiger Schritt, um sicherzustellen, dass ihre berufliche Entwicklung nicht durch die Freistellung beeinträchtigt wird. Gleichzeitig müssen Dienstherren darauf achten, dass die Vergleichsgruppenbildung und die Fortschreibung der Beurteilungen transparent und nachvollziehbar erfolgen, um rechtliche Risiken zu minimieren.
Fazit
Die Entscheidung des BVerwG unterstreicht die Notwendigkeit einer klaren gesetzlichen Grundlage für die fiktive Fortschreibung dienstlicher Beurteilungen. Sie stärkt die Rechte freigestellter Beamtinnen und Beamter und fordert den Gesetzgeber auf, die bestehenden Regelungslücken zu schließen. Der VBB verfolgt weiterhin die Entwicklungen und wird sich für eine faire und rechtssichere gesetzliche Regelung einsetzen.
Anna Kraft