19. Februar 2024

Interviewfragen an AL IUD zu den Veränderungen im Infrastrukturverfahren

Mit Weisung vom 12. Oktober 2023 hat Staatssekretär Hilmer die Beschleunigung der Infrastrukturbereitstellung angeordnet. Wichtige Aspekte sind neben der Beschleunigung der Prozesse neue Priorisierungen und die Deregulierung der Bedarfsdeckung. Der VBB möchte von dem zuständigen Abteilungsleiter der Abteilung Infrastruktur und Dienstleistungen (IUD), Ministerialdirektor Dr. Alexander Götz, erfahren, was der Kern des neuen Ansatzes ist und welche Veränderungen und Aufgabenverlagerungen damit verbunden sind.

1.      Wo liegen die größten Probleme bei den Infrastrukturverfahren der Bundeswehr?

Die zeitgerechte Verfügbarkeit von Infrastruktur für die Streitkräfte ist unabdingbar. Dies gilt für bauliche Anlagen neuer Waffensysteme ebenso wie für die Unterbringung, die Lagerung, die Instandsetzung und die Ausbildung, aber auch den baulichen Schutz und die Betreuung. Im besonderen Fokus stehen derzeit vor allem Kampf- und Kampfführungseinrichtungen, Flugplätze mit Flugbetriebsbereichen, Hafenanlagen oder Infrastruktur für logistische Zweck, denn diese sind eine wesentliche Voraussetzung für die Durchhaltefähigkeit der Truppe im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung.

Der massive und weiter steigende Infrastrukturbedarf der Bundeswehr stellt uns und die für uns bauenden Bauverwaltungen des Bundes und der Länder aufgrund begrenzter Kapazitäten vor massive Herausforderungen. Neben den heute systemseitig bereits abgebildeten fast 7.000 Baumaßnahmen mit einem Investitionsvolumen von über aktuell bereits 24 Mrd. Euro zeichnen sich weitere infrastrukturelle Bedarfe mit Blick auf die Umsetzung des Fähigkeitsprofils der Bundeswehr sowie des Sondervermögens und des Abbaus des Sanierungsstaus ab. Die Klimaschutzziele der Bunderegierung erhöhen zudem den Druck auf die Infrastrukturplanung. Und dabei sind die Ressourcen der für die Bundeswehr bauenden Bauverwaltungen der Länder und des Bundes bereits heute mit einem jährlichen Bauvolumen von knapp über eine Mrd. Euro ausgelastet. Bei den aktuellen Rahmenbedingungen reichen bereits die heutigen Infrastrukturbedarfe der Bundeswehr aus, um die Bauverwaltungen überschlägig bis mind. ins Jahr 2040 voll auszulasten. So lange können wir nicht warten. Das bedeutet für uns, dass wir effizienter werden müssen. Wir müssen unsere Kräfte bündeln und uns auf das Wichtigste konzentrieren und im Sinne der Verteidigungsfähigkeit auch priorisieren.

2.      Was muss geschehen, damit die Bundeswehr bei der Bereitstellung der Infrastruktur schneller wird? Müssen dabei auch Gesetze geändert werden?

Nach Inkrafttreten der neuen RBBau am 1. Oktober 2022 liegt der Schwerpunkt bei uns derzeit auf den internen Prozessen, hier müssen und wollen wir mehr deregulieren und die Effizienz steigern. Auf nicht zwingend erforderliche Verfahrensschritte wollen wir verzichten. Der Erlass vom 12. Oktober 2023 zielt u. a. auch darauf ab, die Bauverwaltungen durch eine gezielte Re-Priorisierung der Bedarfe zu entlasten, damit diese sich auf unmittelbare, drängende Aufgaben konzentrieren können. Daneben setzen wir in geeigneten Fällen und in Abstimmung mit den Ländern auf Partnerschaften in der Umsetzung. Mit der Abteilung Recht und Organisation sind wir bestrebt, im Rahmen des Vergabetransformationspakets unter Federführung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz weitere Verbesserungen u.a. für den militärischen Bundesbau im Bereich der Vergabe zu erwirken. Daneben führen wir mit den Bundesländern Gespräche über bauordnungsrechtliche Fragestellungen.

3.      Es soll eine neue Priorisierung erfolgen. Gibt es dafür neue Kriterien im Planungsprozess?

Aktuell ist nicht beabsichtigt eine neue Priorisierungssystematik - über die bereits bestehende hinaus - zu erarbeiten. Vielmehr ist dem Kriterium „Realisierbarkeit unter Berücksichtigung der Umsetzungsressourcen“ und damit einer realistischeren Ausplanung des Infrastrukturvorhabens auf der Zeitachse Rechnung zu tragen.

Nur so ist die bestehende Überplanung - unter Inkaufnahme auch schmerzhafter Entscheidungen - zugunsten einer verlässlichen Umsetzungsplanung abzubauen.

4.      Zurzeit existiert ein sogenannter Schnellläufer für die Unterbringung der Flugzeuge F35. Was ist das Besondere an einem Schnellläufer und was unterscheidet ihn von den üblichen Verfahren? Kann dieses Verfahren als Blaupause für andere Bauprojekte dienen? Werden bei einem Schnellläufer die Dienststellen vor Ort mit Personal verstärkt?

Im Projekt F-35A unterstützt und entlastet das BAIUDBw das Amt für Bundesbau erheblich durch Übernahme diverser Aufgaben bei der Umsetzung der Infrastrukturvorhaben in Büchel. Der Tornado-Nachfolger F-35A ist ein marktverfügbares System. Der Zulauf dieses Waffensystems erfolgt bereits ab 2027. Bis dahin muss die Infrastruktur unter massivem Zeitdruck weitestgehend fertiggestellt sein. Diese Mammutaufgabe stemmen wir aktuell zusammen mit dem Amt für Bundesbau in Rheinland-Pfalz. Weder hätten die verfügbaren Ressourcen des Amts für Bundesbau in Rheinland-Pfalz noch die des BAIUDBw allein jeweils ausgereicht, um dieses Projekt in der kurzen Zeit umzusetzen.

Das BAIUDBw ist weder personell noch strukturell dafür aufgestellt, regelmäßig die Bauverwaltungen des Bundes und der Länder in den Infrastrukturverfahren zu entlasten. Auch soll die Bauverwaltung weiterhin unser erster und wichtigster Partner bei den militärischen Bauaufgaben bleiben. Wir müssen daher im Einzelfall nach Bauaufgabe, Wichtigkeit für die Verteidigungsfähigkeit, Zeitkritikalität, Auslastung der betroffenen Bauverwaltung etc. prüfen, ob und in welchem Umfang eine Unterstützung und Entlastung der Bauverwaltung durch das BAIUDBw erforderlich und möglich ist. Dasselbe gilt für die Frage, ob und in welchem Umfang deshalb Personal vor Ort zu verstärken sein wird. All das tun wir im Einvernehmen mit den Ländern.

5.      Bisher bauen die Bauverwaltungen der Bundesländer für die Bundeswehr und erhalten dafür Geld. Nun wollen Sie mit Dritten bauen oder die BIMA soll bauen. Wie wollen Sie die Bundesländer davon überzeugen, auf die Einnahmen zu verzichten?

Der Infrastrukturbedarf der Bundeswehr ist massiv. Die Bauverwaltungen des Bundes und der Länder bleiben unverändert der zentrale und wichtigste Partner des Bundes für die Umsetzung der Infrastrukturvorhaben. Der Bund gibt die Gewähr für eine über Jahre hinaus anhaltende hohe Auftragslast und hält an der bewährten Partnerschaft mit den Ländern fest. Tatsächlich unterstützen wir da wo möglich, dass die Bauverwaltungen des Bundes und der Länder ihren Bauumsatz in den nächsten Jahren deutlich steigern und dafür neues, zusätzliches Personal einstellen können (Stichwort Fachkräftemangel) und werden.

6.      Bis Ende 2023 sollten die Änderungsbedarfe der Vorschriften festgestellt werden. Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden?

Die Anpassung und Überführung unserer Vorschriften an die neue RBBau ist in vollem Gang. Wichtig ist, dass dem BAIUDBw und den Bauverwaltungen mit dem Beschleunigungserlass bereits die nötige Handlungsfreiheit gegeben wurde. Der Projekterfolg steht im Vordergrund. Ganz im Geiste der neuen RBBau haben sich hieran Verantwortlichkeiten, Zuständigkeiten und Verfahren auszurichten.

Erlass Beschleunigung