Der lang ersehnte Gesetzentwurf des Bundesministeriums des Innern und für Heimat zur Sicherstellung einer amtsangemessenen Bundesbesoldung und -versorgung liegt vor. Er wurde den Ressorts und den Verbänden gleichzeitig zugeleitet.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf unternimmt das BMI erneut den Versuch, die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts zur amtsangemessenen Besoldung vom 4. Mai 2020 sowie den Beschluss des Innenausschusses des Deutschen Bundestages vom 23.10.2019 zur Neuregulierung des Familienzuschlags umzusetzen. Dazu greift der Gesetzentwurf auf eine unveränderte Tabelle der Grundgehälter zurück und führt zur Herstellung der amtsangemessenen Besoldung nach den Grundsätzen des BVerfG vom Mai 2020 neue ausschließlich auf familienbezogene Sachverhalte begründete besoldungsrechtliche Ergänzungen ein, die auf den sozialrechtlichen Grundlagen der Jahre 2021/2022 berechnet sind und daher bis zum Inkrafttreten des Gesetzes noch aktualisiert werden müssen. Welche finanziellen Auswirkungen diese Aktualisierung mit sich bringt, ist noch nicht absehbar.
Lediglich für die Besoldungsgruppen A 4 bis A7 wird die Notwendigkeit gesehen, durch einen höheren Stufeneinstieg (A 4 und A5 in Stufe 5, A 6 in Stufe 3, A 7 in Stufe 2) die Anfangsgrundgehälter deutlich anzuheben. Dies verkürzt das ebenfalls dem Alimentationsgrundsatz innewohnende, und vom BVerfG in einem der beiden Beschlüsse gleichfalls angemahnte Abstandsgebot zwischen den Ämtern. Überholeffekte aus unteren Besoldungsgruppen gegenüber höheren Besoldungsgruppen treten dadurch früher als bisher ein und strapazieren somit das Abstandsgebot insgesamt. Dies wird vielfach den Betroffenen schwer zu vermitteln sein.
Bei der Neuregelung des Familienzuschlags werden kindbezogene Beträge beibehalten. Der bisher Verheirateten, Geschiedenen, Alleinerziehenden sowie Verwitweten zugestandene Familienzuschlag der Stufe 1 in Höhe von rund 158 Euro wird dagegen gestrichen. Zur Beruhigung des Bestandspersonals wird diese bisherige Leistung eingefroren und im Rahmen einer Übergangsregelung als Ausgleichszuschlag (§ 79 BBesG) erhalten. Erst recht ist nicht akzeptabel, dass der Familienzuschlag für Verwitwete ersatzlos entfällt. Völlig überzogen ist dabei die Übergangslösung im Versorgungsrecht, die der Witwe (auch dem Witwer) einen Besitzstand in Form des Ausgleichszuschlags nur für 24 Monate nach dem Sterbemonat zubilligt. Neben der auf 55% des Ruhegehaltes künftig abgesenkten Hinterbliebenenversorgung ist dies eine weitere bedeutende Kürzung für Hinterbliebene.
Ergänzt wird der Familienzuschlag durch einen kinder- und mietstufenbezogenen „Alimentativen Ergänzungszuschlag“ (AEZ, § 41 BBesG n.F.). Die AEZ-Tabelle ist dadurch gekennzeichnet, dass überhaupt erst ab dem dritten Kind in jeder Mietstufe ein Zuschlag hinterlegt ist. Ein Vergleich mit der neuen Mietstufenregelung von NRW lässt auf den ersten Blick ein anderes, negatives Mindset erkennen. Auch die Höhe der Zuschläge hebt sich sehr deutlich von der Regelung des Bundes ab. Hier bleibt abzuwarten, was die Aktualisierung bringt.
Eine besonders negative Rolle spielt die Einführung eines sog. Abschmelzbetrages nach § 41 BBesG-neu. Was über die AEZ-Tabelle möglicherweise zusteht, wird über die Abschmelztabelle wieder genommen oder gekürzt. Abschmelzbeträge schon ab A 5(!) iHv 4,00 Euro und AEZ iHv 7,00 Euro bei Mietstufe IV verdeutlichen den Willen des Bundes, bei seinen eigenen Bediensteten einzusparen. Insbesondere im Vergleich zu den Tabellen der Bundesländer signalisiert der Gesetzgeber Bund gerade keine Wertschätzung an sein eigenes Personal, Dies ist ein besonderes fatales Signal, da unsere Politiker zuletzt immer wieder in Sonntagsreden die Wertschätzung der Verwaltung zur hervorragenden Bewältigung der aktuellen Krisen so gern beschworen haben.
Abgelehnt wird auch die Tatbestandsvoraussetzung für den Alimentativen Ergänzungszuschlag an die tatsächliche Zahlung des Kindergeldes. Dies verkennt vielfach die Lebenswirklichkeit insbesondere bei getrenntlebenden Elternteilen, die sich jedoch gemeinsam das Sorgerecht teilen und auch wechselseitig die Kinder in ihren jeweiligen Wohnungen aufnehmen.
Fazit:
Wir lehnen den Gesetzentwurf in der vorliegenden Form wird ab. Die Gründe liegen auf der Hand:
1. Eine Anpassung der Grundgehälter ist zwingend notwendig, um sowohl Nachwuchsbeamte als auch Bestandsbeamte (jeweils auch ohne Familienanhang) zu gewinnen bzw. zu binden. Die Abwanderung zu anderen Dienstherren hat im Bereich der Bundeswehr bereits begonnen. Es ist dringender Handlungsbedarf zur Attraktivitätssteigerung geboten. Hier sollte unter Berücksichtigung der von verschiedenen Ländern avisierten Veränderungen der Grundgehaltsstrukturen auch im Bund neu überlegt werden. Wenn wir dauerhaft Abwanderung vermeiden wollen, ist eine attraktive Besoldungsstruktur eine zwingende Voraussetzung.
2. Den pauschalen Wegfall des Familienzuschlags der Stufe 1 ohne Kompensation für den entsprechenden bisherigen anspruchsberechtigten Personenkreis ohne Kinder lehnen wir als nicht sachgerecht ab. Im Zusammenhang mit der fehlenden Anpassung der Grundgehälter resultiert daraus ein weiterer Attraktivitätsverlust gegenüber den Bundesländern (z.B. NRW, BW). Der Wegfall sollte in eine Umgestaltung der Grundgehälter reinvestiert werden.
3. Ein Entfallen der Bestandssicherung für verwitwete Beamtinnen und Beamte nach Ablauf von 24 Monaten ist auf keinen Fall akzeptabel.
4. Die Gestaltung des „Alimentativen Ergänzungszuschlags“ wird insbesondere hinsichtlich der Abschmelzungsbeträge abgelehnt. Der Zuschlag ist unter den gleichen Voraussetzungen wie der Familienzuschlag zu zahlen. Ein Abstellen auf den tatsächlichen Bezug des Kindergeldes trägt den modernen und gesellschaftlich gewollten Betreuungsverhältnissen von minderjährigen Kindern und dem damit verbundenen erhöhten Raumbedarf nicht Rechnung. -Vorgesehene Abschmelzbeträge unter 50 Euro sind kleinherzig und geizig und sind offenkundig nicht von dem Ziel erhöhter Attraktivität geleitet.
5. Der Gesetzentwurf konzentriert sich ausschließlich auf pekuniäre Aspekte und blendet dringende anderweitige notwendige Veränderungen zur Attraktivitätssteigerung im gesamten Dienstrecht trotz des hohen Fachkräftebedarfs in der öffentlichen Verwaltung aus. Darüber hinaus sind die Maßnahmen offensichtlich nicht auf die laufenden länderseitigen gleichgerichteten Gesetzesvorhaben abgestimmt, mit den hier beschriebenen negativen Folgen für die Bundesbediensteten und den Bund selbst. Dies verstärkt das seit 2016 mit der Föderalismusreform I auseinanderdriftende Besoldungsgeschehen.
Der VBB hat eine ausführliche Stellungnahme an den dbb übersandt. Natürlich werden begleitende Gespräche auf verschiedenen Ebenen geführt. Die Vielzahl der bei uns eingegangenen Mails von einzelnen Mitgliedern zeigt, wie sehr dieses Thema interessiert. Wir bedanken uns ausdrücklich an dieser Stelle für Ihr Engagement und die guten Beiträge.
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