05. Dezember 2023

VBB-Bundesjugendseminar 2023

Vom 12.-14. Oktober 2023 fand wieder das alljährliche VBB-Bundesjugendseminar statt, diesmal in der Rheinmetropole Köln.

Wir fanden uns im Seminarraum des Hostels ein, wo die Teilnehmenden sich selbst und ihre Dienststelle kurz vorzustellten. Bereits in der Vorstellungsrunde entwickelte sich ein interessanter Austausch. Wir stiegen dann auch schon in die inhaltliche Diskussionsrunde zu den Themen Tarif- und Verhandlungsergebnisse des ÖD, Preisentwicklung und Lebenshaltungskosten ein. Ich habe unsere Jugend gefragt, wie sie die Preisentwicklung und Inflation der letzten 5 Jahre empfunden hat und es konnte folgendes festgestellt werden:

Die jungen Beschäftigten, die ihre Ausbildung oder ihr Studium bereits abgeschlossen haben, empfinden ihr Nettoeinkommen als ausreichend, um die notwendigen Lebenshaltungskosten zu decken und nicht am Existenzminimum leben zu müssen. Infolge der Inflation und Preisentwicklung sind diese Personen aber dazu angehalten stark auf Ihre Ausgaben zu achten und mitunter sehr sparsam zu leben. Für viele sind beispielsweise ein Eigenheim, die Gründung einer Familie oder andere kostenintensivere Lebensträume und -ziele finanziell nicht realistisch umsetzbar. Natürlich gilt dieses Meinungsbild nicht in gleicher Stärke pauschal für alle Tarif- oder Besoldungsgruppen. Gerade im mittleren Dienst und in vergleichbaren Tarifgruppen der Arbeitnehmenden bleibt am Ende des Monats nichts mehr übrig. Dies ist schwer zu verstehen, wenn man eine hervorragende Ausbildung oder ein hervorragendes Studium bei der Bundeswehr genossen hat und es immer heißt, dass der öffentliche Dienst einen so hohen Bedarf an Nachwuchspersonal hat.

Viel problematischer ist aber die Vergütung bei Auszubildenden. Eine Auszubildende an der UniBw Hamburg, die eine Ausbildung als Verwaltungsfachangestellte absolviert, hat berichtet, dass sie für das Absolvieren ihrer Ausbildung draufzahlen muss. Ihre monatliche Ausbildungsvergütung ist nicht ausreichend, um ihre monatlichen Lebenshaltungskosten in Hamburg zu decken. Besonders in Ballungsräumen wie Hamburg, Köln, dem Rheinland, München oder Berlin sind die Lebenshaltungskosten extrem hoch. Dies wird bisher nicht ausreichend in den Ausbildungsvergütungen berücksichtigt.

Ausbildungsvergütungen und Beamtenanwärter/innen-Besoldungen des mittleren Dienstes müssten daher an die regionalen Unterschiede im Bundesgebiet angepasst werden. Diese Personengruppen trifft es derzeit bei den jungen Menschen am härtesten.

Der Nettoverdienst ist also gerade bei unserer VBB-Jugend ein wichtiges Thema und entscheidet regelmäßig über die Wahl, ob man eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst eingeht. Gerade die hohe Wochenarbeitszeit von 41 h bei Beamten/innen im ÖD oder die an manchen Dienststellen immer noch existierenden Hindernisse und Hürden, im Home-Office arbeiten zu können, machen den öffentlichen Dienst definitiv nicht attraktiver. Dies liegt nicht daran, dass die Jugend faul und arbeitsunwillig ist, sondern daran, dass das Bewusstsein, heutzutage einen wertschätzenden Beruf mit modernen und zeitgemäßen Arbeitsbedingungen und einem angemessenen Verdienst ausführen zu wollen, stärker geworden ist. Für viele junge Menschen haben die eigene Freizeit und die eigene Lebensgestaltung einen höheren Stellenwert eingenommen als das Arbeiten in einer Leistungsgesellschaft, der es an Wertschätzung und einem angemessenem Verdienst fehlt.

Diese Diskussionsrunde hatte einen sehr hohen Mehrwert für alle Beteiligten. Um den sehr austauschreichen ersten Seminartag gemeinschaftlich ausklingen zu lassen, verlegten wir am Abend in die kölsche Traditionsgaststätte Reissdorf am Hahnentor, wo wir die rheinländische Küche genießen konnten. Als Abschluss des ersten Abends besuchten wir noch die angesagte Roof-top-Bar Monkeys, von der aus man einen atemberaubenden Blick auf den Kölner Dom hatte.

Der zweite Seminartag ging produktiv und inhaltlich weiter. Frau Nanoo, Referentin des BAPersBw besuchte dankenswerterweise die VBB-Jugend und stellte uns die Personalwerbungs- und -gewinnungsstrategie des BAPersBw vor. Vielen Dank an Frau Nanoo für die Möglichkeit, so viele Fragen stellen und Ideen einbringen zu können. Das war ein sehr wertvoller und interessanter Austausch und hat uns sehr viel Spaß gemacht.

Es wurde deutlich, dass die Personalgewinnung des BAPersBw den Wandel der Zeit und den Gedanken einer attraktiven Personalwerbung verstanden hat und sehr zielorientiert durchgeführt wird. Vor allem das neue Design der Personalwerbung für das zivile Bundeswehrpersonal ist bei den jungen Menschen extrem positiv angekommen und stellt in unseren Augen einen wichtigen Schritt dar. Das BAPersBw ist unverzichtbar für eine zukunftsfähige Bundeswehr und ihre Nachwuchsgewinnung! Genau deswegen wäre eine Verlegung von Aufgaben des BAPersBw in das BMVg kritisch zu sehen. Dadurch würde man die frisch angestoßenen wichtigen Schritte unterbrechen und eine eingespielte Organisationsstruktur t in ihrer sehr guten Arbeitsfähigkeit erschüttern.

Den ersten Teil des zweiten Seminartages verinnerlichten wir mit einer Mittagspause in einer Pizzeria, von der aus wir gemeinsam zum ElDe-Haus (GeStaPo-Zentrale zu Zeiten des Nationalsozialismus) zu Fuß durch die Stadt Köln verlegten. Am ElDe-Haus angekommen, erhielten wir eine Führung durch zwei Historiker/innen, die alle Teilnehmenden sehr zum Nachdenken anregte.

Zu Zeiten des Nationalsozialismus war es sehr einfach einen Nachbarn oder eine Nachbarin, den oder die man nicht mochte, aus dem eigenen Leben zu entfernen. Dazu musste lediglich die GeStaPo darüber informiert werden, dass der Nachbar oder die Nachbarin staatsfeindliche Pläne hat. Es hat in vielen Fällen ausgereicht diese Falschanschuldigungen glaubhaft zu vermitteln und mit Schein-Beweisen zu untermauern. Kurze Zeit später wurde die fälschlicherweise beschuldigte Person ggf. mit Familienangehörigen von der GeStaPo persönlich oftmals unter Gewaltanwendung abgeholt und in einer GeStaPo-Zentrale wie die in Köln in "Untersuchungs"-haft gesteckt.  In der GeStaPo-Zentrale wurden die Menschen zunächst mit ca. 25-35 anderen Menschen in einen engen Zellenraum von maximal 15 Quadratmetern eingesperrt. Bei dieser Menschenanzahl in einem Zellenraum dieser Größe war kaum Platz zum Sitzen oder Liegen vorhanden. Ihre Notdurft mussten die Menschen in einem Kochtopf in einer Ecke der Zelle verrichten. Als Nahrung gab es Wasser und Brot. Kranke Menschen durften die Zelle nicht verlassen, sodass sich Krankheiten innerhalb dieser Zelle ungehindert ausbreiten konnten. Sie wurden regelmäßig aus der Zelle geholt und unter extremer Gewaltanwendung gefoltert und "verhört". Oftmals gestanden Menschen eine Tat oder eine Anschuldigung, die sie nie verübt haben, nur um der körperlichen und psychischen Gewalteinwirkung und Folter ein Ende zu setzen. Nach dem Urteil folgte entweder die Deportation in ein Arbeits- oder Konzentrationslager oder der Tod durch Erschießung im Innenhof der GeStaPo-Zentrale. So tötete das NS-Regime zu Zeiten des Nationalsozialismus unschuldige Menschen, die einer Tat beschuldigt wurden, die sie nie begangen haben oder die einer Menschengruppe angehörte, die aus menschenfeindlichen, rassenideologischen oder diskriminierenden Gründen verfolgt oder als Staatsfeinde angesehen wurden.

Alle Teilnehmenden wussten aus ihrer eigenen Schulbildung, wie schlimm und grausam der Nationalsozialismus war und welche Gräueltaten passiert sind. Der Besuch des ElDe-Hauses hat dieses Wissen darüber aber nochmal sehr eindringlich in Erinnerung gerufen und alle Teilnehmenden sensibilisiert. Rechtsorientierte politische Entwicklungen in unserer Gesellschaft müssen bereits im Keim durch Aufklärung, Wissensvermittlung und Erinnerung an das Geschehene erstickt werden. Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit dürfen niemals geduldet werden.

Zu Beginn des dritten und letzten Seminartages hielt Michael Meister einen sehr spannenden und anschaulichen Vortrag zum Personalvertretungsrecht, der Arbeit von Personalräten und dem Beteiligungsrecht und stellte heraus, wie wichtig die Personalvertretung für die Interessen und Rechte der Beschäftigten ist. Leider ist die Bereitschaft von Nachwuchspersonalvertretenden seit der Corona-Pandemie merklich zurückgegangen. Wir freuen uns ganz besonders darauf, wenn sich junge Menschen nun wieder für die Personalvertretung begeistern können und ihre Bereitschaft dazu bekunden. Die Ideen und Gedanken der jungen Beschäftigten sind sehr wichtig, da sie am besten bewerten können, was einen attraktiven Dienstherrn aus der Sicht eines jungen Menschen ausmacht und was man dafür bewegen muss. Ich kann jeden jungen Menschen nur dazu ermutigen sich zu engagieren, es lohnt sich für alle Beschäftigten. Wir danken Michael Meister für diesen tollen und super aufbereiteten Vortrag.

Den ersten Vortrag rundete Jan Müller, unser engagierter Vorsitzender der Haupt- Jugend- und Auszubildendenvertretung beim Bundesministerium der Verteidigung ab. An dieser Stelle möchte ich Jan für sein herausragendes Engagement und seine Bereitschaft zu den vielen Dienstreisen und die vielen außerdienstlichen Arbeitsstunden für unser junges ziviles Personal in der Bundeswehr ganz herzlich und ausdrücklich danken. Jan trug zu ausgewählten Themen der Jugendvertretung vor und skizzierte die Arbeit eines Mitglieds der Haupt- Jugend- und Auszubildendenvertretung. Auch sein Vortrag kam sehr gut an und es meldeten sich direkt weitere Interessierte für die JAV-Listen.

Die abschließende Feedbackrunde über das Jugendseminar war wieder, wie in den Jahren zuvor, durchweg positiv. Die Teilnehmenden hatten die Möglichkeit, sich in lockerer und respektvoller Atmosphäre über personalpolitische, dienstliche, gewerkschaftspolitische und private Themen auszutauschen und sich zu vernetzen. Die ein oder andere lustige Situation war auch dabei. Insgesamt wieder eine sehr schöne und wertvolle Veranstaltung.

Der Ort des nächsten VBB-Jugendseminars wurde in der Bundesvorstandssitzung im November beschlossen. Es geht nach Hamburg! Ich freue mich jetzt schon auf das nächste Seminar mit Euch, der VBB-Jugend, als stets interessierte und wertvolle Teilnehmenden.

Bis nächstes Jahr!